Neonazi-Überfall: Haftbefehl gegen Rechtsextremen
Nach dem Nazi-Überfall auf Dresden-Demonstranten an einer Autobahnraststätte sucht die Polizei einen Verdächtigen aus Schweden.
DRESDEN taz Nach dem Überfall auf Businsassen aus Hessen, die von einer Demonstration gegen Nazis in Dresden zurückreisten, wird ein Rechtsextremist aus Schweden per Haftbefehl gesucht. Das teilte die Staatsanwaltschaft im thüringischen Gera mit. Unklar ist noch, ob sich der Mann bereits wieder in Schweden befindet. Er ist einer von drei ursprünglich gesuchten schwedischen Tatverdächtigen.
Am Abend des vergangenen Sonnabend waren Gewerkschafter und Angehörige der Linkspartei an der Raststätte Teufelstal nahe dem Hermsdorfer Kreuz von Nazis angegriffen worden. Die Rechtsextremen hatten in Dresden gegen die Bombardierung der sächsischen Landeshauptstadt im Zweiten Weltkrieg - im Nazi-Jargon als "Bombenholocaust" tituliert - demonstriert. Einer der fünf Geschädigten wurde dabei schwer verletzt, befindet sich nach einer Schädeloperation aber auf dem Weg der Besserung.
Mit den Vorfällen wird sich auch der Innenausschuss des Thüringer Landtages befassen. Die Linksfraktion stellte am Montag einen entsprechenden Antrag, der von der gleichfalls oppositionellen SPD unterstützt wurde. "Solche Ereignisse lassen auch für den letzten Gutgläubigen die staatliche Beobachtung und Beherrschung des organisierten Rechtsextremismus endgültig zur Illusion werden", sagte Linken-Fraktionsvorsitzender Dieter Hausold. Offen ist, ob die Sondersitzung noch in dieser Woche anberaumt wird. Der von der Linken vorgelegte Fragenkatalog verlangt von der Landesregierung vor allem Auskunft über die polizeilichen Vorbereitungen für die erwarteten Bustransporte beider Lager. Unklar ist bislang, ob überhaupt ein Lagebild und eine Gefahrenanalyse erstellt wurden und ob sich Thüringen dabei mit anderen Bundesländern abstimmte. Die Linke will zudem wissen, warum die Polizei auf eine erkennungsdienstliche Behandlung der 41 Tatverdächtigen im Neonazi-Bus verzichtete. Bereits auf der Hinreise soll es zu Tätlichkeiten gekommen sein, die die Polizei hätten warnen müssen.
Das meint auch SPD-Innenpolitiker Heiko Gentzel im Thüringer Landtag. "Man kann doch aufgrund schlechter Erfahrungen die Reiserouten überwachen! So viele Raststätten gibt es in Thüringen nicht." Für ein zivilisiertes Land sei es "ein Ding der Unmöglichkeit", dass friedliche Demonstranten nicht vom Staat geschützt werden könnten. In Brandenburg beispielsweise wurden die Parkplätze kontrolliert, und ab der Landesgrenze habe die hessische Polizei Busse sogar eskortiert. Gentzel verweist aber auch auf eine mögliche Überlastung der Polizei durch das gleichzeitig laufende Thüringen-Derby zwischen Erfurt und Jena in der 3. Fußball-Liga. Die Opposition hatte während der Haushaltberatungen den Abbau von weiteren tausend Polizeistellen kritisiert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden