Neonazi-Demo in Dortmund: "Straftat" vs. "Pflicht"
In Dortmund marschieren am Samstag Rechtsextreme. Die Polizei will deren Demonstrationsrecht durchsetzen, die Politik geht auf Konfrontationskurs.
DORTMUND taz | Kurz vor dem drohenden Ausnahmezustand redet Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze Klartext: "Wir werden jede Versammlung schützen", sagte er. Und meint damit den am Samstag erwarteten Aufmarsch von rund 1.000 Rechtsextremen, zu dem "autonome Nationalisten" seit Monaten bundesweit mobilisieren. Wer sich den Neonazis in den Weg stelle, begehe "eine Straftat", warnt der oberste Polizist der größten Stadt des Ruhrgebiets. "Rechte haben wie jeder Demonstrationsteilnehmer das Recht, sich zu bewegen."
Schulze geht damit auf Konfrontationskurs zur Politik. Denn nicht nur Antifa-Gruppen und das vor allem von der Linkspartei getragene Bündnis "Dortmund stellt sich quer" rufen zu einer Blockade des Neonazi-Aufzugs auf. Auch das Bündnis "Dortmund Nazifrei", hinter dem SPD, Grüne, Gewerkschafter und Kirchen stehen, wollen die Rechtsextremen nicht durch die multikulturell geprägte Dortmunder Nordstadt marschieren lassen.
"Als Demokratinnen und Demokraten sehen wir uns in der Pflicht, dies entschlossen zu verhindern", heißt es in einem Aufruf. Mitunterzeichnet haben den Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau, Nordrhrein-Westfalens Arbeitsminister Guntram Schneider (beide SPD) und die in Dortmund stammende ehemalige grüne Landesvorsitzende Daniela Schneckenburger.
Zwar rufen Sierau und Schneider zur Gewaltfreiheit auf. Sitzblockaden seien aber "legitim". Mit den Antifas verbindet die Sozialdemokraten die Wut auf die "autonomen Nationalisten". Zwar ist Dortmunds Neonazi-Szene klein: Schätzungen reichen von 20 bis 40 Aktiven. Doch die Rechtsextremen sind extrem gewaltbereit. Etwa 30 Übergriffe zählten antifaschistische Initiativen alleine 2010: Hakenkreuzschmierereien, Anschläge auf die Parteibüros von SPD, Grünen, Linkspartei und DKP, gewalttätige Überfällen auf Andersdenkende.
Tausende Gegendemonstranten
Trotzdem ist die Strategie der Rechtsextremen, Dortmund zu ihrer Hochburg im Westen auszubauen, gründlich gescheitert. "Vor ein paar Jahren liefen die mit T-Shirts herum, auf denen 'Dortmund gehört uns' stand", sagt Stefan Nölleke von der Dortmunder Linkspartei: "Das ist natürlich Unsinn."
Allerdings schaffen die "autonomen Nationalisten" es seit Jahren, die Stadt für einige Tage zum Treffpunkt der deutschen Rechtsextremisten zu machen: Getarnt als "Antikriegstag" veranstalten sie ihren Aufmarsch bereits zum siebten Mal.
Verhindern wollen das tausende Gegendemonstranten. Dutzende Punks übernachten in Dortmunder Parks. Für den heutigen Freitag sind sechs, für den Samstag 17 Protestkundgebungen angemeldet. Die Strategie der Neonazi-Gegner ist klar: "Die Rechtsextremen sollen sich nicht bewegen können", sagt Simon Fischer vom Bündnis "Dortmund stellt sich quer".
Konflikte mit der Polizei scheinen damit unvermeidbar: Polizeipräsident Schulze hat die Nordstadt als Aufmarschgebiet der Rechtsextremen bereits zur Sperrzone erklärt und will Neonazi-Gegner, die seine Polizeiketten durchbrechen, verfolgen lassen. Falls notwendig, könnten "im gesetzlichen Rahmen" auch nachträglich Handy-Daten verwendet werden. Für alle Fälle, mahnt Schulze, stünden auch "Wasserwerfer bereit".
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