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Neo-Manchestertum -betr.: "Müssen alle alten Häuser abgerissen werden?", taz vom 25.10.94

Betr.: „Müssen alle alten Häuser abgerissen werden?“, 25.10.94

Es liegt in der Logik dessen, was früher als Kapitalismus bezeichnet wurde, daß grundsätzlich jedes materielle Objekt rücksichtslos zur Disposition gestellt ist, welches in der aktuellen Situation nicht mehr genug Profit abwirft. Dieser antikulturellen Tendenz fällt ein Gebäude wie das Langenfelder Grenzhaus besonders leicht zum Opfer, wenn die öffentliche Administration sich jenes kapitalistischen Grundgesetzes auch noch bedingungslos unterwirft, statt nur minimal gegenzusteuern.

So kann es dann kommen, daß man selbst ein solches Haus leichthin abreißt, das der öffentlichen Hand gehört, ortsgeschichtlich bedeutsam ist und das wegen seiner zentralen Lage aufgrund unbestrittenen Bedarfs dringend als Stadtteilkulturzentrum gebraucht wird. Wo also der Staat zum bloßen Anhängsel des Systems degeneriert, da hat der Kapitalismus seit jeher außerordentlich leichtes Spiel, und seine moderne Variante feiert Triumphe in Form eines brutalen Neo-Manchestertums - wie eh und je auf Kosten breiter Bevölkerungsschichten.

Holger Hesselbach

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