piwik no script img

Nein zu Olympia 2018 in DeutschlandGrünes Nein juckt München wenig

Das olympische Nein der Grünen bedeutet noch lange nicht das Aus der Münchner Bewerbung. Nur das IOC kann das Milliarden teure Vorhaben noch stoppen.

München 2018 ist noch zu stemmen: Kati Witt setzt sich dafür ein, dass an den Skisprungschanzen in Garmisch-Partenkirchen olympische Ringe wehen. Bild: dpa

Die Basis hat gesprochen. Mit 289 zu 244 Stimmen hat sie verfügt, dass die Olympiapläne des grünen Parteivorstandes Mist sind. Die "sportnarrische" Parteichefin Claudia Roth zieht sich nun notgedrungen aus dem Kuratorium der Bewerbungsgesellschaft für die Winterspiele 2018 zurück.

Die in dieser Frage zerstrittenen Grünen sind am Samstag per Parteitagsbeschluss zu Olympiagegnern geworden. Das grüne Gewissen der Partei hat obsiegt über ein Mainstreamdenken, das von üppigen Umfrageergebnissen befeuert wird. Aber was bedeutet das tatsächlich für die Münchner Bewerbung? Erst einmal nicht so viel, denn politisch ist die Schose durch.

Der Bund hat Unterstützung signalisiert, der Münchner Stadtrat und der Garmischer Gemeinderat ebenso. Auch die deutsche Wirtschaft ist pro Olympia. Die einzige Partei, die das Milliarden Euro teure Vorhaben noch stoppen kann, nennt sich Internationales Olympisches Komitee (IOC).

Es wird am 6. Juli 2011 in Durban über die Vergabe der übernächsten Winterspiele entscheiden. Mit im Rennen sind das südkoreanische Pyeongchang und das französische Annecy. Da den Franzosen allenfalls Außenseiterchancen eingeräumt werden, streiten sich also in erster Linie München und Pyeongchang. Die Südkoreaner lagen lange vorn in der Gunst des IOC, doch dann begingen sie einen kapitalen Fehler.

Man verstieß gegen Regularien des IOC und erhielt eine Rüge von der Ethikkommission der olympischen Gesellschaft. Der Hintergrund: Der südkoreanische IOC-Sponsor Samsung hatte einen Zweijahresvertrag mit dem internationalen Ruderverband abgeschlossen, die Fluggesellschaft Korean Air einen Sponsorenvertrag mit der internationalen Eislauf-Union. Laut IOC-Regeln darf ein Olympia-Großsponsor aber nicht in eine Olympiabewerbung verwickelt sein.

Nach diesem Fauxpas wähnte sich München schon in der Pole-Position. Doch so einfach dürfte es für die Deutschen, die mit Berlin und Leipzig kläglich gescheitert sind, nicht werden, denn das IOC hat es ganz gern, wenn die Olympiabewerbung auf ungeteilte Zustimmung im Land des möglichen Ausrichters trifft.

Die große Politik gibt hierzulande zwar vor, wie ein Mann hinter der Bewerbung zu stehen, aber in lebendiger Erinnerung sind die Scharmützel der Bewerbungsgesellschaft mit den Garmischer Weidebauern, der Protest auf lokaler Ebene, das Murren vieler Regionalpolitiker und Umweltschützer - und jetzt eben auch das Nein der Grünen.

Die Nachricht aus Freiburg wird die Herren in Lausanne bestimmt erreichen und sie sicherlich auch ein wenig beeinflussen, aber aus dem Rennen ist München noch nicht. Auch vor den Winterspielen in Vancouver gab es schlechte Umfrageergebnisse in der kanadischen Provinz British Columbia und eine Reihe von Protesten gegen die Spiele.

Das ist dem IOC aber wurscht, solange es sichergehen kann, dass die Marke "Olympia" unbeschädigt bleibt und dass sich im Austragungsland gute Geschäfte machen lassen. Um diese Pläne des IOC zu durchkreuzen, bräuchte es mehr als ein Nein der Grünen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • L
    Langweiler

    Aber wir müssen doch sparen, haben doch ein Sparpaket. Die Schulden, die Bankenrettung, usw. Stecken wir das Geld für solche Leuchtturm- und Prestigeprojekte wie S21 oder Olympia doch lieber in gute Ausbildung der Kinder, gerechte Löhne im Gesundheitssystem und der Altenpflege, in Integration... nein? Auf die Argumentation wär ich gespannt.

  • T
    Tötensen

    Ganz im Ernst: Wen interessiert im Ausland schon die Meinung unserer grünen Holzköpfe zur Olympia-Bewerbung?

  • C
    Celsus

    Immer mehr wenden sich BürgerInnen gegen verlustreiche Großprojekte. Den Verdienst daran haben wenige in Deutschland und dafür latzen tut immer noch die schrumpfenmde Mitetlschicht in Deutschland: Die Milchkuh für alles. Währenddessen regen sich Profiteure auf, weil ihnen ein Geschäft entgehen könnte.

     

    Ja. Es gibt sehr viele unsinnige und unbezahlbare Vorhaben in Deutschland. Wer nicht Maß halten kann, will in Wahrheit nur dem Armen sein letztes Butterbrot nehmen, wenn er oder sie von Schuldensperre spricht.

  • B
    broxx

    Sportnarrisch, haha, der war gut. Sieht man gar nicht

  • LA
    Laice Aterna

    Da ist sie wieder, die Partei, die keine "Dagegen-Partei" sein möchte. Wenn man den Stuttgartern schon nicht den Bahnhof nehmen kann, dann vielleicht den Münchnern Olympia? Ein großes Vorhaben, vielleicht sollte man zur Übung erstmal gegen das Oktoberfest, den Kölner Karneval oder auch den Eurovision in Düsseldorf sein? Alternativ sind langfristige Kampagnen gegen Fußball-Europa- und Weltmeisterschaft vielleicht eine Idee, die kommen bestimmt auch irgendwann wieder nach Deutschland.