■ Nebensachen aus Buenos Aires: Die argentinische Bank – Dein Freund und Helfer
Im Bankensystem Argentiniens herrschen sozialistische Zustände. Oder zumindest das, was sich Otto Normalverbraucher darunter vorstellt: Um irgendwann einmal am Schalter anzukommen, muß man um gut drei Blocks Schlange stehen. Das wäre noch zu ertragen, wenn man die Tortur mit der Aussicht durchmacht, am Ende des Tages tatsächlich Geld ausgezahlt zu bekommen. Doppelt ärgerlich ist es, wenn man sein sauer Erspartes hier abgeben muß, um auch im nächsten Monat noch Wohnung, Wasser und Strom zu haben.
Stellen Sie sich das einmal vor: Sie gehen zur Bank, um freiwillig Ihre Rechnungen zu bezahlen. Und als Dank läßt man Sie erstmal zwei Stunden lang stehen. Der Zahlungsmoral ist das nicht gerade förderlich, denn angenehm ist etwas anderes. Besonders wenn hinter Ihnen sich ein Tango-Paar in die Haare bekommt und vor Ihnen gut und gerne sieben rüstige Rentnerinnen, die alle im zarten Alter von vier Jahren von Italien nach Argentinien ausgewandert waren, Ihnen pausenlos Einladungen ins Café um die Ecke aussprechen. Das ehrt zwar, aber weil man dann nach dem fünften Mal doch nicht mehr nein sagen kann, sitzt man später irgendwann doch in der illustren Runde.
Wie fast alle Argentinier mache ich diese Bank-Tortur nicht einmal im Monat durch, sondern im Schnitt etwa viermal. Da das Wort „Überweisung“ im argentinischen Spanisch nicht vorkommt, muß ich sämtliche Rechnungen persönlich bei der Bank bezahlen. Schade nur, daß sie alle bei verschiedenen Banken zu begleichen sind.
Manchmal kommt es vor, daß Verleger aus Deutschland phantasielos einfach einen Scheck schicken, um ihre Schulden zu begleichen. Wohlgemerkt einen deutschen Scheck. Nach Argentinien! Ja, Danke. Vergangenen Mittwoch war es mal wieder soweit. Vor meiner Tür lag ein graues Kuvert mit deutschen Briefmarken. Die Adresse war mit Schreibmaschine draufgeschrieben. Als ich das Kuvert aufhob, merkte ich schnell, daß es leider kein Brief von einem Freund war, ganz sicher aber von einem ganz Weltgewandten adressiert wurde. Die Adresse lautete: „... 1425 Buenos Aires, Brasilien.“ Aber ich werde nie wieder etwas schlechtes über die Post sagen, die Wertsendung kam an.
Im Inneren des Kuverts mit dem Umweltengel lag dann der Scheck: „USD 38,71 – USD- EQU oder DM 00000000070,00“, stand da drauf. Es braucht ja immer so eine Zeit, bis man die ganzen Nullen gezählt hat, und dann weiß, wie wenig sie einem geschickt haben. Die Frage ist sogar, ob sich der Aufwand lohnt, ein solches Papier gegen Geld einzutauschen. Das andere Problem, welches das zur Feier des Zahltags geeignete Restaurant sei, war schnell geklärt: Im Kiosk neben der Bank gibt es heiße Würstchen in Plastikbrot. Mit Ketchup, Senf und Mayonnaise kosten sie pro Stück nur einen Peso. An besonderen Tagen gibt es sogar ein Sonderangebot: Legt man nur 50 Centavos drauf, kriegt man vom dicken Kioskbesitzer sogar noch eine Cola hinzu.
Doch daraus sollte nichts werden: Schecks wie den meinen wechselt in Argentinien keine Bank, machte der Filialleiter nach einer Odyssee durch die verschiedenen Ränge der Angestellten unmißverständlich klar. Es gab nur noch eine Rettung: Für acht Dollar mit dem Taxi zu F.E. Invest fahren. Eine mafiöse Hinterzimmerorganisation, die mir meinen echten Euroscheck in argentinische Peso zu einem Schweinekurs tauscht. Aber immerhin die einzige Quelle im ganzen Land, die meinen Bargeldfluß zuverlässig und schnell sichert. Für meinen 38,71-Dollar-Scheck gaben sie mir immerhin 31,23 Peso. Minus der acht für das Taxi blieben folglich 23,23. Dafür hat man mich insgesamt dreieinhalb Stunden durch die Stadt gejagt. Ingo Malcher
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