■ Nebenkriegsschauplatz: Gutböse Albaner & bösegute Serben
Rebellische Unabhängigkeitskämpfer und ein sich verbissen verteidigender Zentralstaat – das kommt den Spaniern nur allzu bekannt vor. Wenn wundert es da, daß die Legionäre, die Madrid in das Kosovo schickt, ein ganz spezielles Handbuch im Tornister tragen.
Im diesem Lehrwerk für die Verteidigung der westlichen Werte wird zur Vorsicht vor denen gemahnt, die soeben von der Nato ihre Heimat zurückerobert bekamen: den Kosovo-Albanern.
„Rachsüchtig“ und in Clanstrukturen organisiert seien die. Und diese Clans „sind oft unter sich zerstritten, was zu Auseinandersetzungen und Racheakten führt, die manchmal gar blutig enden“. Wer wie die Albaner das „Leiden gelernt“ habe und „einer traditionellen Mentalität“ verhaftet sei, liebt die Autorität nicht, „egal ob sie albanisch oder ausländisch“ ist.
Die UÇK, in der Theorie eine verbündete Organisation der Nato, wird im Handbuch ganz einfach zu einer „terroristischen Organisation“, als ob der Autor mit den Gedanken im Baskenland und bei ETA gewesen wäre.
Wer hält in so einer verfahrenen Situation die positiven, westlich militärischen Werte hoch? Selbstverständlich die Serben! Sie sind, wie die Bräutigame des Todes – so nennen sich Spaniens Legionäre gerne selbst –, „harte, motivierte, sehr disziplinierte Kämpfer“.
Und was der spanischen Armeeführung besonders gefällt: „Wie alle Slawen sind sie sehr respektvoll gegenüber der Macht“ und – man staunt nach fast zehn Jahren Krieg auf dem Balkan – „wenig konfliktiv“. Stolz auf „Rasse und Nation“ (wie die Legion unter Franco auch), sind sie „sehr nationalistisch und diskriminieren andere Rassen“. Ein „Komplex der Überlegenheit“, den der gemeine Legionär nicht unsympathisch finden dürfte.
Wer daran zweifelt, der frage die Soldaten aus dem nordspanischen Katalonien. „Polen“ werden die Rekruten aus der Region rund um Barcelona bis heute wegen ihrer eigenen Sprache in Spaniens Kasernen genannt. Und der Name des Schiffes, das die spanischen Truppen in die Krisenregion bringt, ist ebenfalls aufschlußreich. „Hernán Cortés“ heißt es, nach einem der blutigsten Feldherren bei der sogenannten Entdeckung Lateinamerikas.
Reiner Wandler, Madrid
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