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nachtragNazi = Homo?

Axel Krämers Text über die (feministisch inspirierte) Diffamierung des politischen Gegners mit Hilfe des Homosexualitätsvorwurfs (taz.mag vom 23./24. Februar), hat Christian Jansen, Historiker in Essen, zu einer Ergänzung ermutigt: „Die Unterstellung, Nazis seien homosexuell und deshalb politisch minderwertig, ist noch um einiges älter, als Krämer annimmt. Bereits Emil Julius Gumbel wies seinem vielbeachteten Buch ‚Verschwörer. Beiträge zur Geschichte und Soziologie der deutschen nationalistischen Geheimbünde seit 1918‘ (Wien 1924, Neuauflage bei dtv 1984) auf die Gefahr hin, die von den Nazis ausging – er diagnostizierte bei ihnen ‚sexuelle Anomalien‘, worunter er Zuhälterei und Homosexualität verstand.

Derartige Ausgrenzungen des politischen Gegners als moralisch minderwertig basieren auf eugenischem und vitalistischem Denken, das in der Linken der Weimarer Republik verbreitet war, schwingt bis heute vielfach mit. Motto: Wer ‚richtig‘ denkt, ist auch physisch, psychisch und genetisch besser, vitaler, potenter. Bei Margarete Mitscherlich sind dann die Frauen ‚von Natur aus‘ die besseren Menschen. Dies ist die Mentalität, die auch in dem alten Turnlehrersatz ‚Mens sana in corpore sano‘ verborgen liegt. Mit dem Gleichheitsgedanken und mit Toleranz gegen das andere ist das unvereinbar.“

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