Naturschutz auf dem Balkan: Ehemalige Todesfalle für Zugvögel
Der Rangereinsatz zeigt Wirkung: In einem bosnischen Naturpark überleben zehnmal so viele Zugvögel. Auch in Albanien gibt es Fortschritte.
BERLIN taz | Der Naturpark Hutovo Blato in Bosnien und Herzegowina war lange eine Todesfalle für Zugvögel. Jetzt ist er für viele Umweltschützer ein Hoffnungszeichen. Denn bei der Winterwasservogelzählung im Januar 2014 auf dem Svitava-See im Süden Bosnien und Herzegowinas erlebte das Zählteam eine große Überraschung: Es registrierte fast 17.000 Vögel, mehr als zehnmal so viele wie im Vorjahr.
Der See liegt im Naturpark Hutovo Blato im bosnischen Teil des Neretva-Deltas. Bis vor Kurzem war der Park einer der Hauptbrennpunkte der Vogeljagd auf dem Balkan, erklärt die Naturschutzorganisation EuroNatur zum „Weltzugvogeltag“ am 10. und 11. Mai. Für EuroNatur sind die neuen Zahlen ein Erfolg der regelmäßigen Kontrollen durch Umweltschützer und Parkverwaltung. Denn in den Feuchtgebieten von Hutovo Blato gilt zwar ein grundsätzliches Jagdverbot. Aber ohne Kontrolle hält sich keiner daran. „Bisher war die Vogeljagd dort katastrophal“, sagt Gabriel Schwaderer von EuroNatur.
Deshalb finanzierten die Umweltschützer zusammen mit der Parkverwaltung bis 2015 das Ranger-Programm. Daran sind acht Ranger beteiligt. Drei von ihnen bezahlt EuroNatur. Eines Tages soll die Finanzierung aus dem Land selbst kommen. Ohne Kontrollen wurde die Gegend während des Herbstvogelzugs bisher immer wieder praktisch leergeschossen. Betroffen waren Vögel auf dem Weg in die Winterquartiere, darunter von der EU geschützte Arten wie Knäk- und Moorenten.
Der Balkan galt bisher als Problemfall bei der Vogeljagd. „Bis vor Kurzem war Albanien ein solcher Brennpunkt“, sagt EuroNatur-Projektleiter Pavel Becka. Im Februar hat die Regierung in Tirana einen zweijährigen totalen Jagdstopp für Vögel im gesamten Land verkündet. Becka hält das für einen Fortschritt, „allerdings ist es viel zu früh, um einzuschätzen, ob die Maßnahme erfolgreich ist“.
Im Oktober findet in Albanien die zweite Adriatic-Flyway-Konferenz zum Schutz der Zugvögel statt. Geladen sind dann auch Behörden und Naturschützer aus einem anderen Staat, wo Zugvögel Freiwild sind: In Malta sammeln Aktivisten derzeit Unterschriften für eine Volksabstimmung, um die Jagd im Frühjahr zu verbieten, wie es die EU vorschreibt. Aber Malta besorgt sich bisher jedes Jahr Ausnahmeerlasse – und lässt die Jäger auf die Zugvögel los.
Leser*innenkommentare
Age Krüger
Tja, auch da sieht man wieder die Voteile: Albanien und Bosnien-Herzogowina sind nicht in der EU und schaffen es deshalb wahrscheinlich, ihre Gesetze rechtsstaatlich durchzusetzen, was im EU-Land Malta überhaupt nicht vorgesehen ist.
Letztendlich muss aber auch noch einmal gesagt werden, dass an der Minimierung der Zugvögel auch die deutschen "Tierfreunde" natürlich mit Schuld sind, die meinen, man müsste die einheimischen Vögel im Winter mästen. Wenn ich konsequent den Schutz auch der Zugvögel will, müsste die EU auch in den Ländern ohne Zugvogeljagd das Füttern von Vögel im Winter verbieten und dies ebenso kontrollieren.
(Wenn das überhaupt noch was nutzt. Bei diesem milden Winter habe ich nur einmal einen Grünspecht auf die Rasenflächen vor meinem Fenster kommen gesehen, ansonsten war der Waldboden wohl nie ausreichend zugefroren, dass die das nötig gehabt hätten, den Wald zu verlassen. Wenn die Klimaerwärmung nicht verlangsamt wird, wird auch diese gesamte bisherige Fauna sich drastisch verändern.)
Waage69
@Age Krüger Der Grünspecht - ein Zugvogel?
Age Krüger
@Waage69 Nee, sonst wäre er ja im Winter wohl nicht da. Der kommt aber nur in Siedlungen, wenn der Waldboden durchgefroren ist und er da nix mehr zu fressen findet. Und offenbar war dieser Winter schon so mild, dass ich nur einen diesen Winter in meinem Garten gesehen habe. was hoffentlich noch kein sicheres Anzeichen von einer dauerhaften Klimaveränderung ist.