Nato-Führung: Erdogan versus Rasmussen
Der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen will Nato-Generalsekretär werden. Die Türkei lehnt das ab. Ende Juli scheidet der bisherige Amtsinhaber aus.
STRASSBURG/BERLIN dpa/taz Kurz vor dem Auftakt des Nato-Gipfels ist ein heftiger Streit um den künftigen Nato-Generalsekretär ausgebrochen. Am Freitag bekräftigte die Türkei ihre Ablehnung des dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen, der als aussichtsreichster Bewerber gilt.
Dennoch wollen die Staats- und Regierungschefs der 28 Bündnismitglieder versuchen, sich beim Abendessen im Kurhaus von Baden-Baden auf die Besetzung des Postens zu einigen. Eine Vertagung sei nicht möglich, weil damit Rasmussen innenpolitisch beschädigt werde. Rasmussen hatte sich nach wochenlangem Dementieren am Freitag offiziell als Kandidat zu erkennen gegeben.
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bekräftigte laut einem Bericht des Senders CNN-Türk vom Freitag, er sehe Rasmussen "negativ". Er kritisierte die dänische Regierungfür ihre Reaktion auf die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der Zeitung Jyllands-Posten im Jahr 2005 und ihre Untätigkeit gegenüber dem in Dänemark ansässigen kurdischen Fernsehsender Roj TV.
Allerdings ist die türkische Staatsführung in dieser Frage gespalten. Staatspräsident Abdullah Gül sagte, sein Land wolle mit den Verbündeten ohne Eile über die Besetzung des Spitzenamtes sprechen. Wichtig sei "nicht der Kandidat, sondern die Stärke der Nato". In der vorigen Woche hatte sich Gül, der mit dem Außen- und dem Verteidigungsminister die Türkei auf dem Gipfel vertritt, für Rasmussen ausgesprochen.
Nach Angaben von Nato-Diplomaten ließ auch US-Präsident Barack Obama Erdogan und Gül wissen, dass seine Regierung Rasmussen unterstütze. In Kopenhagen geht man davon aus, dass Rasmussen auch im Fall des Scheiterns seiner Kandidatur von seinem jetzigen Amt zurücktreten wird.
Der Nato-Generalsekretär kann nur einstimmig ernannt werden. Der bisherige Amtsinhaber, der Niederländer Jaap de Hoop Scheffer, scheidet Ende Juli aus. Eine Reihe von neuen Nato-Mitgliedern aus Osteuropa haben in jüngster Zeit immer wieder gefordert, der neue Generalsekretär solle aus ihren Reihen kommen. Unter anderem wurden dem polnischen Außenminister Radoslaw Sikorski Ambitionen auf das Amt nachgesagt.
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