: Nationalpark im Odertal
Entlang der deutsch-polnischen Grenze im Tal der Unteren Oder sollen auf 45 Kilometer Länge von Szczeczin bis zur Gemeinde Hohensaaten Tiere und Pflanzen unter strengem Schutz stehen ■ Von Steffi Prutean
Frankfurt/Oder. Europa wird in wenigen Monaten einen bislang einmaligen Nationalpark haben. Er entsteht entlang der deutsch-polnischen Grenze im Tal der Unteren Oder. Auf 45 Kilometer Länge, von Szczeczin bis zur Gemeinde Hohensaaten, sollen Tiere und Pflanzen unter strengem Schutz stehen.
An den Nationalpark schließen sich sechs weitere Naturparks an, die sich entlang der Grenze wie ein grünes Band von Vorpommern bis Sachsen ziehen, erklärte jetzt der frühere DDR-Umweltminister Prof. Michael Succow vor dem Förderverein „Pro Brandenburg“ in Frankfurt/ Oder. Die brandenburgische Landesregierung hat ihn mit der Schaffung von Landschaftsschutzgebieten beauftragt.
Daß eine Staatsgrenze zum Naturreservat wird, sei für Europa einmalig, sagte der Wissenschaftler. Es biete sich eine großartige Chance, grenzübergreifend die bedrohte Natur zu schützen und für die Menschen erlebbar zu machen. In zwei bis drei Jahren sei in dieser Zone sanfter Tourismus möglich. Dafür entstünden Besucherzentren, Lehrpfade und Aussichtstürme zur Beobachtung der Tier- und Pflanzenwelt. An manchen Tagen, so beschreibt der Forscher seine Eindrücke, könne man bis zu 100.000 Wasservögel aus Skandinavien an der Unteren Oder beobachten. Diese Ansammlung von Schwänen, Enten und Gänsen habe für den Kontinent Seltenheitswert. Außerdem lebten beispielsweise Schwarzstörche und Seeadler in dem Gebiet. Über 100 Brutvogelarten sind hier heimisch, etwa 50 Fischarten wurden gezählt. Die Ansammlung der vom Aussterben bedrohten Tiere ist nach Aussagen des Wissenschaftlers beispiellos. Der deutsch-polnische Nationalpark, auch Europapark genannt, ist rund 30.000 Hektar groß. Er teilt sich in drei verschiedene Zonen mit Totalreservaten, Naturschutzgebieten und Kulturlandschaften. Eine weitere Besonderheit ist, daß es im 16.000 Hektar großen Zentrum des Parks keine Siedlungen gibt.
Der in Eberswalde aufgewachsene Succow hat sich mit dem Projekt einen Kindheitstraum erfüllt. Schon immer habe ihm vorgeschwebt, diese einmalige Landschaft, zu der große Sumpfgebiete auf polnischer Seite gehören, zu schützen und zu erhalten. In der ehemaligen DDR sei die Schaffung eines Nationalparks unmöglich gewesen. Mit den polnischen Partnern sei das Projekt in einem Jahr entstanden. Damit erhält Brandenburg als letztes der fünf neuen Bundesländer seinen eigenen Nationalpark. Die Eröffnung ist für September vorgesehen. Deutschland hat dann insgesamt elf solcher Areale. Gemeinsam mit dem polnischen Wissenschaftler Mieczeslaw Jasinski, Direktor des Instituts für Ökologie in Szczeczin, wird Michael Succow für das Projekt den Preis der Stiftung Deutscher Kulturkreis 1990 erhalten. Die festliche Verleihung erfolgt am 13. April in München. dpa
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