Nahverkehr: S-Bahn genauso Schrott wie der ICE
Auch die Berliner S-Bahnen müssen nun auf drohenden Achsbruch überprüft werden. Auf den Linien S2 und S8 fahren bereits kürzere Züge.
Dass die ICEs nur noch selten fahren, weiß der Bahn-Kunde inzwischen. Dass auch die langsamere S-Bahn auf wackeligen Achsen rumpelt, mussten Berliner Fahrgäste am Mittwoch erfahren. Weil die S-Bahn die Haltbarkeit ihrer Fahrzeuge überpüfen muss, fahren auf einigen Linien seit Mittwoch kürzere Züge.
Am 6. Juli war ein ICE in Köln nach einem Achsbruch entgleist. Da bei der neusten S-Bahn-Reihe 481 ein ähnliches Material wie bei den ICEs verwendet werde, könne man "Schäden bisher nicht ausschließen", so ein S-Bahn-Sprecher: "Sicherheit ist die oberste Priorität". Deswegen werden nun alle Triebzüge der Baureihe überprüft und die Prüfintervalle von 120.000 auf 60.000 Kilometer verringert. Betroffen sind "bis auf weiteres" die Linie S2 zwischen Bernau und Blankenfelde, die mit sechs statt acht Wagen verkehrt, und die Linie S8 von Hohen Neuendorf nach Grünau. Dort rollen nur vier Wagen pro Zug.
Jens Wieseke vom Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. hält die Zustände bei der S-Bahn für "mehr als skandalös". Natürlich gehe Sicherheit vor. Empört ist er aber über das kurzsichtige Vorgehen der Bahn-Tochter. "Die S-Bahn hat noch bis vor einigen Wochen Fahrzeuge verschrotten lassen. Deswegen gibt es jetzt keine Ersatzzüge mehr", sagt Wieseke. Dabei seien Züge der älteren Baureihen 480 und 485 wohl noch einsatzfähig gewesen.
Der S-Bahn-Sprecher dementiert: "Die letzten Züge sind 2006 verschrottet worden, um nicht mehr erhältliche Ersatzteile für andere Wagen zu gewinnen". Es gebe also noch alte Züge, diese seien aber nicht einsatzbereit.
Laut Wieseke ist die geringe Zuganzahl aber schon länger ein Problem: "Die Züge der Ringbahn fahren schon seit Monaten nur mit sechs statt acht Wagen", klagt er. Während die S-Bahn das für ausreichend befindet, beschreibt Wieseke die Situation als "dramatisch": Es komme zu hoffnungslosen Überfüllungen und Beschwerden der Kunden.
Die FDP forderte den Senat auf, die Landeszuschüssse analog zu den S-Bahn-Zügen zu kürzen. Das aber stehe nicht zur Debatte, erklärte Manuela Damianakis, Sprecherin der zuständigen Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Denn nur die Zahl der Züge sei mit der S-Bahn vertraglich vereinbart, nicht aber deren Länge. Allerdings gebe es noch einen anderen Hebel für Zuschusskürzungen. Denn auch die Kundenzufriedenheit sei festgeschrieben. Deswegen wünsche sich auch der Senat den Einsatz von Ersatzzügen.
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