■ In der CDU quält man sich mit der Quote: Nah am Machogürtel
Am Ende zählt das Ergebnis. Die Frage nach dem Weg stellt sich, vom Ziel her betrachtet, nur dann, wenn dieser moralisch verwerflich gewesen ist. Die Quotenregelungen von SPD und Grünen haben ihr Ziel erreicht und den Frauenanteil bei Ämtern und Mandaten erhöht – mit dem schönen Nebenergebnis, daß die CDU/CSU plötzlich so aussieht, wie sie ist: Eine Partei der alten Männer, die auf Frauen (besonders die jüngeren) von Wahl zu Wahl unattraktiver wirkt.
Während im rotgrünen Spektrum das Quotenthema als uralter Hut gilt, als absoluter Langweiler aus Zeiten prähistorischer Debatten, ist ebendieser Hut urplötzlich in konservativen Kreisen ultramodern. Da wirken ausgerechnet die wenigen CDU-Erfolgsfrauen außer Süssmuth hoffnungslos rückständig, weil sie noch immer den Einflüsterungen ihrer Parteimänner glauben, daß die Quote ein schlechtes Licht auf ihre Qualifikation würfe. Von Kohl werden sie nun erst recht nicht gefragt. Denn wenn's anders nicht geht, dann muß man „was Ähnliches“ (Kohl) von anderen abkupfern.
Das Bonner Thema, wer wüßte das besser als Kohl, ist Macht und ihr Erhalt. Dazu muß man den Osten bedienen, den Arbeitnehmerflügel, die mittelständischen Unternehmer – und jetzt eben auch die Frauen, denn anders geht es nicht mehr. Klientelpolitisch stellte sich die Frage nach der Qualifikation sowieso noch nie.
Die Frauenfrage, gerade erst bei der CDU zugelassen, entwickelt auch beim Neuzuschnitt der Bundesministerien unerwartete Brisanz. Wenn nur eine CDU-Frau (Merkel) übrigbliebe, sähe sie doch gar zu sehr wie eine Alibifrau aus – meinen die Christdemokraten, was zeigt, daß ihr Lernprozeß gerade erst begonnen hat, denn es geht um die Ressorts Frauen und Familie – natürlich.
Es sind nicht nur die Konkurrenzparteien im eigenen Lande, die Kohls Kabinett so alt aussehen lassen. Seine liebste außenpolitische Bühne, die europäische, wird mit dem Beitritt Skandinaviens deutlich weiblicher. Schon werden in Brüssel die südeuropäischen Länder als rückständiger „Machogürtel“ bespöttelt, weil Frauen dort so deutlich schlechtere Chancen haben als im fortschrittlichen, wirtschaftlich potenteren Norden. Eine völlig neue Erkenntnis, daß die Bundesregierung dem Süden offenbar näher ist als den Niederlanden. Donata Riedel
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