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Nagy-Prozeß erstmals in Ungarns TV

■ Das Fernsehen zeigt Ausschnitte aus dem Dokumentationsmaterial über das Verfahren gegen den früheren Ministerpräsidenten / Verhandlungen zwischen KP und Opposition

Budapest (afp/dpa) - Zwei Tage nach der offiziellen Rehabilitierung zeigte das ungarische Fernsehen erstmals Bilder vom Prozeß gegen den früheren ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy, der 1956 während des Aufstands im Amt war. Fünf Tage vor seinem Wiederbegräbnis mit fast staatlichem Charakter, wurde Imre Nagy etwa eine halbe Minute lang, bewegungslos und scheinbar ungerührt, während der Verkündigung seines Urteils gezeigt.

Das ungarische Fernsehen strahlte allerdings nicht den Originalton zu diesem Filmausschnitt aus. Auf dem Bildschirm war nur Nagy zu sehen, aufrecht stehend und ohne sichtbare Gefühlsregung. Er war von Wachen umgeben, und im Hintergrund stand sein, mit ihm verurteilter Verteidigungsminister Pal Maleter.

Dieser Ausschnitt stammt aus dem eineinhalbstündigem Filmmaterial, das das Innenministerium dem Oberstaatsanwalt zur Verfügung gestellt hatte. Dieser verkündete am Freitag, nach mehrmonatigem Studium zahlreicher Unterlagen über den Prozeß, die Rehabilitierung des hingerichteten Ministerpräsidenten.

Die regierenden Kommunisten und die Opposition in Ungarn wollten nach Agenturberichten gestern Nachmittag nach polnischem Vorbild „Gespräche am runden Tisch“ aufnehmen. Im Mittelpunkt sollen der von der KP im Februar beschlossene Übergang zum Mehrparteiensystem sowie die Modalitäten der für Mitte 1990 geplanten Parlamentswahlen stehen. Erstmals seit Ende der vierziger Jahre sollen Kandidaten anderer Parteien an den Wahlen teilnehmen.

Bei den Gesprächen, die im Parlament stattfinden und live vom Fernsehen übertragen werden sollen, geht es auch um die Überwindung der wirtschaftlich-sozialen Krise. Zu den Oppositionsgruppen, die sich an den Verhandlungen beteiligen, gehören unter anderem die Sozialdemokraten, die Partei der Kleinlandwirte, die Jungen Demokraten, die Christdemokratische Volkspartei und die Volkspartei.

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