: Nägel, Schrauben und Vertrauen
Inka Gode hat einen neuen Beruf erfunden: Sie hilft auf Zuruf Frauen und Seniorinnen bei allen praktischen Herausforderungen des Alltags. Die mobile Hausmeisterin ersetzt, was in Nachbarschaften immer weniger alltäglich ist
Was tun, wenn man als Tischlerin keine Stelle findet? Wenn man sich selbständig machen und am liebsten mit Frauen arbeiten möchte? Mobile Hausmeisterin für Frauen und Seniorinnen zu werden, ist vielleicht nicht die einzige Antwort. Aber für Inka Gode war es die beste.
„Ich habe nicht so viel über das Risiko nachgedacht“, sagt sie. „Ich war Anfang Vierzig und hatte das Gefühl, ich muss es jetzt für mich entscheiden“. Und schließlich hat sie es gewagt: Hat Faltblätter gedruckt mit ihrem Foto und „Mobile Hausmeisterin“ auf ihr Auto geschrieben.
Seit einem Jahr können Frauen ihre Dienste in Anspruch nehmen, wenn die Haustür klemmt, wenn Regale in sich zusammenfallen oder Gardinen hängen sollen. Anders als gedacht, sind es vor allem jüngere Frauen um die Vierzig, die sich bei ihr melden. „Es gibt den Typus, der es nicht kann und sagt: ‚Das macht mir nichts aus. Sie machen es für mich, und das ist klasse‘“, sagt Inka Gode. Daneben gibt es Frauen, die die Arbeiten durchaus selbst erledigen könnten, die aber keine Zeit oder keine Lust dazu haben. Ältere Frauen müssen oft erst einen Anlauf nehmen, bevor sie die mobile Hausmeisterin beauftragen. „Das Misstrauen ist insgesamt größer, wer da in ihre Wohnung kommt“, sagt Inka Gode. Dass ihre Hilfe gebraucht wird, weil Nachbarschaftshilfe nicht selbstverständlich ist und sich alte Familienstrukturen auflösen, ist ihr bewusst. Oft wohnen Kinder zu weit weg, um ihren Müttern regelmäßig helfen zu können, ihre Nachbarn möchten die alten Damen nicht zu oft behelligen. Einige nutzen Inka Godes Besuch, um endlich wieder mit jemandem sprechen zu können. „Bei einer 82-Jährigen ist morgens schon der Kaffeetisch gedeckt, wo sie mir dann von früher erzählt. Der Bedarf zu reden ist groß und dann ist es an mir, irgendwann zu sagen: ‚Jetzt steige ich mal auf die Leiter‘, sagt Inka Gode. Ihre Arbeit lebt vom Vertrauen: Der Unbefangenheit, ihr den Wohnungsschlüssel zu geben oder sie zu fragen, wie man denn den Bohrer halten müsse. Eben dieses Vertrauensverhältnis ist es, was ihr an der Zusammenarbeit mit Frauen gefällt. „Ich habe nichts gegen Männer“, meint sie. Als Tischlerin und Restauratorin hat sie viel mit ihnen gearbeitet. Doch jetzt hat sie Lust, für und mit Frauen zu arbeiten. Eine Arbeitsstunde kostet 25 Euro und wer wenig Geld hat, bekommt nach Möglichkeit einen Nachlass. Inka Gode ist zuversichtlich, nach zwei Jahren Selbstständigkeit von ihrem Beruf leben zu können. „Ich kann mehr, als ich darf“, sagt sie –und das ist wohl der einzige Wermutstropfen an ihrer Arbeit. Die Bestimmungen der Handwerkskammer erlauben viele Tätigkeiten nur für Handwerksmeister. Als selbstständige Tischlerin ohne Meisterbrief darf sie nach diesen Regeln nicht einmal ein Brett zusägen. Doch dieses Korsett, so hofft Inka Gode, wird allmählich gelockert. Und eines Tages, wenn sie nicht mehr auf die Leiter steigen kann, will sie vielleicht selber ausbilden. „Aber das werde ich dann sehen“, sagt sie und wahrscheinlich ist es diese Gelassenheit, die die Kundinnen neben dem aufgebauten Regal am meisten beglückt.
Friederike Gräff