Nächster Solarhersteller vor dem Aus: Schock für Sachsen-Anhalt
Q-Cells galt einst als Stern deutscher Fotovoltaik-Unternehmen. Jetzt ist die Firma aus Bitterfeld von der Pleite bedroht. Grund ist die globale Überproduktion.
BERLIN taz | Am Dienstag der Schock in Sachsen-Anhalt: Q-Cells, das große Solarunternehmen aus Bitterfeld, kündigte an, dass es über kein Eigenkapital mehr verfüge. Ende Februar muss Q-Cells eine sogenannte Wandelanleihe an Gläubiger zurückzahlen, dabei handelt sich um 200 Millionen Euro.
Q-Cells muss nun seine Gläubiger bitten, eine wesentlich spätere Rückzahlung zu akzeptieren. Das Landgericht Frankfurt hatte verboten, dass ein Vertreter für alle Gläubiger über die Konditionen verhandelt. Jetzt muss eine Einigung mit jedem einzelnen her.
Q-Cells hat über 2.000 MitarbeiterInnen und produziert in Bitterfeld-Wolfen und in Malaysia Solarzellen. Allerdings gilt das Unternehmen seit langem als angeschlagen. 2010 betrug der Umsatz noch über 1,3 Milliarden Euro, 2012 rechnet Q-Cells noch mit 865 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten 2011 gab es einen dreistelligen Millionenverlust.
Dennoch sagte Vorstandschef Nedim Cen am Dienstag: "Eine Insolvenz steht im Augenblick nicht zur Diskussion." Seit Wochen verhandele man mit Gläubigern, es bestehe ein Konsens, dass eine Insolvenz keine Option sei.
Die Liquiditätslage und der Geschäftsplan hätten alle davon überzeugt, weiter zusammenzuarbeiten, sagte Cen: "Es liegen konkrete Vorschläge auf dem Tisch." Details nannte er nicht.
Im Dezember hatten bereits die deutschen Solarmodulhersteller Solon und Solar Millennium Insolvenz angemeldet. Allerdings geht es auch chinesischen und US-amerikanischen Herstellern schlecht. Die Schweizer Bank Sarasin gruppierte in einer Analyse von November Q-Cells in eine Gruppe gefährdeter Solarunternehmen, zu denen neben Sunways oder Conergy aus Deutschland etwa auch JA Solar oder Sunergy aus China gehören.
Grund ist eine globale Überproduktion an Solarmodulen, die 2011 fast doppelt so hoch wie die Nachfrage war. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) warf der chinesischen Regierung zudem kürzlich vor, mit einer Geldflut für heimische Unternehmen deutsche Konkurrenten vom Markt drängen zu wollen.
"Angesichts des langfristigen Potenzials der Industrie sollten die Überlebenden der derzeitigen Marktbereinigung als Gewinner in einem attraktiven Wachstumsmarkt hervorgehen", schrieb kürzlich die Citi Group in einer Analyse des globalen Fotovoltaikmarkts.
Q-Cells rechnet erst 2014 wieder mit Gewinn - falls es die Firma in der heutigen Form dann noch geben sollte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl