Nadine Conti über Paare am Arbeitsplatz: Doppelkarriere nicht vorgesehen?

Das schief gelaufene Bewerbungsverfahren in Georgsmarienhütte zeigt, wie das öffentliche Personalrecht der Realität hinterherhinkt.

Eine Frau in Geschäftskleidung tippt auf einem Laptop, vor sich einen Aktenordner.

Besser dran ohne Mann? Von allzu engen Arbeitsbeziehungen will das Beamtenrecht nichts wissen Foto: Patrick Pleul/dpa

Auf den ersten Blick ist dieser Fall in Georgsmarienhütte eine sehr spezielle Konstellation. Nirgendwo sind Stellenausschreibungen und Besetzungsverfahren so detailliert geregelt wie im öffentlichen Dienst. Es ist schon seltsam, wenn ein Verwaltungsausschuss glaubt, ein Verfahren, das kurz vor dem Ende steht, mal eben so kippen zu können.

In der freien Wirtschaft wäre das nicht passiert“, sagte eine Verfahrensbeteiligte. Gemeint war: Da sind die Entscheidungsspielräume größer, da hätte man dieses Dilemma frühzeitig abbiegen können. Der Haken ist nur: Oft bieten genau diese Entscheidungsspielräume das Einfallstor für Diskriminierungen – weil man mit einer Wischiwaschi-Begründung wie „Passt nicht ins Team“ alle Personen draußen halten kann, die irgendwie anders sind.

Das Interessante an diesem Fall ist etwas anderes. Erstens speist sich ein guter Teil der Empörung, die Verwaltungsausschussmitglieder da ventilieren, möglicherweise daraus, dass hier eine ungeschriebene Regel verletzt wurde.

„Warum hat die sich überhaupt beworben? Das macht man doch nicht“, sagte ein Ratsmitglied. Ein anderer sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung, das würde ja auch den Ehemann Sympathiepunkte kosten. Soll heißen: Das Paar hätte den Konflikt wittern und taktvoll abräumen sollen, bevor er überhaupt entstand. Das wiederum funktioniert aber natürlich viel, viel besser, solange – zweitens – Spitzenpositionen eine eher traditionelle Arbeitsteilung voraussetzen.

Wer bestimmt denn, wer versetzt werden muss?

Lange Zeit war das so: Wer ein solches Amt besetzt, hat entweder ein Privatleben, das nicht der Rede wert ist, oder einen Partner, der bereitwillig zurücksteckt und sich um die Familie kümmert. Anders ist die Arbeitsbelastung häufig nicht zu stemmen. Langsam ändert sich das. Auch im öffentlichen Dienst hat sich herumgesprochen, dass bei vielen Nachwuchskräften diese Art von Arbeitskultur nicht mehr gefragt ist. Wenn aber Doppelkarrieren normaler werden, tun sich nun logischerweise auch neue Konfliktfelder auf.

Und was wäre denn in diesem Fall nun eigentlich gewesen, wenn sich die beiden erst im Job verliebt hätten? Als Kündigungsgrund geht so eine Heirat beim Arbeitsgericht erfahrungsgemäß nicht durch. Wer bestimmt dann, ob eine Versetzung nötig ist? Und wer gehen muss? Und wohin? Nach welchen Kriterien? Der Gehaltsklasse? Dann wissen wir ja schon, welches Geschlecht dabei in der Regel den Kürzeren zieht.

Oder sollte man Leuten vielleicht grundsätzlich erst einmal zutrauen, dass sie es schaffen, sich halbwegs professionell zu verhalten und ihren Privatkram draußen zu lassen? Und sich Regelungen überlegen, für den Fall, dass dies ersichtlich nicht der Fall ist? Immerhin werden ja selbst Powerpaare in der Regel nicht schalten und walten können, wie sie wollen, da gibt es immer Vorgesetzte, Kollegen, Kontrollinstanzen.

Das sind alles Fragen, die sich nicht mal eben ad hoc beantworten lassen. Probleme und Konflikte, für die Lösungen und gesicherte Verfahren erst gefunden werden müssen. Aber so funktioniert Weiterentwicklung nun einmal.

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Niedersachsen-Korrespondentin der taz in Hannover seit 2020

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