Nachwahlen in Simbabwe: Erfolg für neue Oppositionskraft

Bei den Nachwahlen in Simbabwe schneidet die „Citizens Coalition for Change“ erfolgreich ab. Das Land könnte erneut vor unruhigen Zeiten stehen.

Ein Mann mit gelbem Shirt hält das Porträt des Oppositionspolitikers Nelson Chamisa

Unterstützter von Nelson Chamisa bei einer Wahlkampfveranstaltung in Harare im Februar Foto: Jekesai Njikizana/afp

HARARE taz | Die Nachwahlen vom vergangenen Sonntag in Simbabwe deuten darauf hin, dass das Land erneut vor unruhigen Zeiten steht. Eine erneute politische Polarisierung zwischen Präsident Emmerson Mnangagwa und Oppositionsführer Nelson Chamisa deutet sich an, rechtzeitig zu den Präsidentschaftswahlen 2023, die genauso umstritten sein dürften wie alle anderen bisher.

Für Mnangagwas regierende ZANU-PF (Zimbabwe African National Union- Patriotic Front) und Chamisas neugegründete Oppositionskraft CCC (Citizens Coalition for Change) war die Nachwahl von 28 der 210 Parlamentssitze am Sonntag eine Art Generalprobe für den wichtigeren Urnengang nächstes Jahr. Die CCC holte 19 der 28 Sitze, ZANU-PF neun. Die Regierungspartei behält aber trotzdem ihre Gesamtmehrheit im Parlament. So kann sich jetzt jeder als Sieger fühlen.

Auf seiner Nachwahlpressekonferenz in der Hauptstadt Harare war ZANU-PF Sprecher Chris Mutsvangwa kompromisslos und wiederholte den alten Vorwurf, die Opposition seine eine Marionette des Westens zu imperialistischen Zwecken. “In London benutzen sie die Opposition, um unser Land zurückzufordern. Sie (die Opposition) sollte die Nabelschnur kappen, die sie an den weißen Mann bindet,“ sagte Mutsvangwa und behauptete: „Wir haben mit der Waffe gekämpft, um Demokratie zu schaffen, nicht um die Macht zu erobern. Demokratie kommt nicht aus Amerika. Die Opposition sollte nicht länger mit rechten Herren ins Bett gehen, die sich nach der Zeit zurücksehnen, als ihnen Simbabwe gehörte.“

Solche Sprüche sind typisch für die ZANU-PF, die Simbabwe seit der Unabhängig 1980 regiert und davor als Guerillaarmee gegen die weiße Minderheitsherrschaft im vormaligen Rhodesien gekämpft hatte. Ihr langjähriger Führer seit dem Befreiungskrieg. Robert Mugabe, wurde 2017 durch einen Militärputsch seiner eigenen Generäle gestürzt und durch Mugabes alten Mitstreiter Emmerson Mnangagwa ersetzt worden war. Die aus dem Befreiungskrieg hervorgegangenen Militärs haben immer gesagt, sie würden keinen Präsidenten anerkennen, der sich seine Sporen nicht im Befreiungskrieg verdient habe.

Zu den Wahlergebnissen jetzt sagte Mutsvangwa: “ZANU-PF ist erfreut darüber, dass es seine traditionelle Anhängerschaft in seinen traditionellen ländlichen Bastionen behalten und ausgebaut hat.“ Die erst drei Monate alte Oppositionspartei CCC habe es nicht geschafft, an ihren zerfallenen Vorgänger MDC (Movement for Democratic Change) anzuknüpfen.

Nur 35 Prozent Beteiligung

Doch CCC-Führer Chamisa sah das ganz anders. Der ehemalige Informationsminister in Simbabwes kurzlebiger Regierung der Nationalen Einheit 2009-13 und ehemalige MDC-Jugendführer erklärte vor Journalisten in Harare: „Wir sind die nächste Regierung. Nichts wird uns daran hindern, die nächste Regierung zu bilden.“

Laut Wahlkommission betrug die Beteiligung nur 35 Prozent und es gab Berichte über Wählereinschüchterung. Schon der Wahlkampf war von Gewalt geprägt. Die Polizei verhinderte manche CCC-Veranstaltungen mit Straßensperren und Festnahmen und verhaftete Menschen, die die CCC-Parteifarbe Gelb trugen. Es gab mindestens einen Toten, als mutmaßliche ZANU-PF-Unterstützer eine CCC-Versammlung sprengten.

Klar ist: Diese Nachwahl markiert das Ende einer der einst wichtigsten Oppositionsparteien Afrikas: die MDC (Movement for Democratic Change), 23 Jahre nach ihrer Gründung durch den damaligen simbabwischen Gewerkschaftsführer Morgan Tsvangirai als politischer Arm einer Massenprotestbewegung gegen die Mugabe-Diktatur.

Im Jahr 2000 holte die MDC aus dem Stand 57 der 120 gewählten Parlamentssitze mit 47 Prozent der Stimmen und brachte das Mugabe-Regime schwer in Bedrängnis. Iin den Jahren danach versank Simbabwe in der Krise, weil die ZANU-PF unter Mugabe alle Mittel einsetzte, um an der Macht zu bleiben, bis hin zu verbreiteter Gewalt. Nach sehr umstrittenen Wahlen 2008, bei denen die MDC und Tsvangirai gewannen, aber Mugabe eine Stichwahl durchsetzte, die Tsvangirai schließlich boykottierte, bildeten die Rivalen eine gemeinsame Regierung, aber am Ende behielt ZANU-PF die Oberhand und die MDC zerfiel.

Erst nach Mugabes Sturz 2017 fanden die rivalisierenden MDC-Flügel wieder zusammen, aber noch vor den fälligen Neuwahlen 2018 starb Parteichef Tsvangirai an Krebs und davon erholte sich die Partei nicht. Sein Nachfolger Nelson Chamisa, der schließlich gegen den neuen Präsidenten Mnangagwa antrat und verlor, war parteinntern umstritten. Er setzte sich damals gegen seine Rivalen Elias Mudzuri and Thokozani Khupe durch. Tsvangirais Sohn Richard Tsvangirai sagte damals dazu: “Eine Partei der Arbeiter, Studenten und Armen ist von ein paar gierigen Menschen in ein Witzobjekt verwandelt worden. Traurig!“

Chamisa verließ schließlich die MDC, um die CCC als seine eigene Plattform zu gründen. Die Rumpf-MDC „MDC Alliance“ unter Douglas Mwonzora blieb erhalten, zerstritt sich mit zahlreichen MDC-Abgeordneten, die 2018 gewählt worden waren, und errang bei den Nachwahlen jetzt keinen einzigen Sitz.

Nun feiert ZANU-PF den „Tod“ ihres alten Gegners. „Die Realität ist, dass MDC endlich gestorben ist“, erklärten die „Patrioten“, ein Teil der Regierungspartei, und nannte die MDC einen „schwarzen Fleck“ auf der Geschichte des Landes. „Dieses Tier war vom Westen benutzt worden.“

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