piwik no script img

Nachtflüge über BerlinCDU will ungestört mit den Grünen schlafen

Die CDU entpuppt sich als Bürgerpartei und fordert wie die Grünen ein rigoroses Nachtflugverbot in Schönefeld. Der Flughafenchef stöhnt: Die CDU gefährdet Arbeitsplätze.

Nach den Flugrouten kocht nun die Nachtflugdebatte wieder hoch Bild: ap

Wer glaubte, um den Flughafen BBI würde es nach der Aufregung der vergangenen Monate ruhiger, ist am Montag enttäuscht worden: Die Flugrouten-Debatte versachlicht sich zwar, bis zum Sommer wird wohl ein mehrheitsfähiger Vorschlag auf dem Tisch liegen. Dafür kocht die Diskussion um die Nachtruhe hoch. Ausgerechnet die CDU hat am Montag ein strenges Flugverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr gefordert. Die Partei war maßgeblich für die Wahl des stadtnahen Standorts Schönefeld verantwortlich.

"Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen", heißt es in einem Antrag, den die CDU in den Verkehrsausschuss eingebracht hat. Flughafenchef Rainer Schwarz gab sich überrascht. Der Vorstoß gefährde 18.000 Arbeitsplätze, sagte Schwarz. Das wäre etwa ein Viertel aller Arbeitsplätze, die neu entstehen sollen.

Laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dürfen in Schönefeld zwischen 0 und 5 Uhr keine Maschinen starten oder landen. Ausgenommen sind Post- und Regierungsflieger sowie Notfälle. In der "Randzeit" zwischen 22 Uhr und Mitternacht sowie zwischen 5 und 6 Uhr darf begrenzt geflogen werden. Im Schnitt werden 77 Flugzeuge pro Nacht am BBI erwartet, in Spitzenzeiten 103.

"Das ist uns für einen stadtnahen Flughafen zu viel", sagte der CDU-Abgeordnete Mario Czaja. Bei den Grünen stieß er damit auf offene Ohren. Sie fordern seit langem eine strikte Ruhe zwischen 22 und 6 Uhr, waren aber mit einem entsprechenden Antrag vor zwei Jahren gescheitert.

Die FDP-Fraktion hingegen warf der Union Realitätsferne vor: "Das ist so, als hätten wir einen Hauptbahnhof gebaut und würden dort anschließend nur die S-Bahn fahren lassen", sagte der verkehrspolitische Sprecher, Klaus-Peter von Lüdeke. Seiner Ansicht nach kann die CDU nicht einfach die Verantwortung für die Standortentscheidung abwälzen. Der Beschluss, den Großflughafen in Schönefeld direkt am südlichen Stadtrand anzusiedeln, geht maßgeblich auf den früheren Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) zurück. Christine Dorn, die mit einer Bürgerinitiative seit Jahren gegen den BBI kämpft, sagte: "Die Bürger vergessen nicht so schnell, wie es sich die Politik vielleicht wünschen würde."

Flughafenchef Schwarz argumentierte, dass der BBI ohne Nachtflüge nicht wirtschaftlich arbeiten könne. "Ich warne davor, mit dem Feuer zu spielen", sagte er bei einer Anhörung im Ausschuss. Rückendeckung hatte Schwarz jüngst von Klaus Wowereit (SPD) erhalten. "Wir brauchen die Randzeiten", hatte der Regierende Bürgermeister gesagt und auf Pläne der Fluggesellschaft Air Berlin verwiesen, in Schönefeld ihr Drehkreuz einzurichten. Die CDU sieht darin keinen Widerspruch. Es gebe auch Drehkreuze mit Nachtflugverbot, so Czaja.

Experten bezweifeln dies. Der Luftfahrtjurist Elmar Giemulla etwa sagt, dass Schönefeld zwangsläufig zum Regionalflughafen werde. Ein internationales Drehkreuz vertrage sich nicht mit den Beschränkungen, die ein Airport am Stadtrand mit sich bringen muss. "Berlin hat sich durch die Standortwahl selbst ein Hindernis für Ansiedlungen der produzierenden Industrie gesetzt", so der Honorarprofessor an der Technischen Universität (TU). Gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgericht laufen Klagen sowohl von Bürgern als auch von der Fluggesellschaft Air Berlin. Eine Entscheidung wird im Sommer erwartet.

Ärger gibt es auch um die Entschädigung von Lärmbetroffenen. Bislang gelten 25.000 Haushalte als betroffen, etwa die Hälfte davon hat Schwarz zufolge ein Entschädigung beantragt. Der Flughafen hat 140 Millionen Euro etwa für Schallschutzfenster veranschlagt. Initiativen-Sprecherin Dorn kritisierte die bürokratischen Regeln. Zudem würde der Flughafen die Bürger bei den zulässigen maximalen Schallpegeln bewusst täuschen.

Czaja forderte mehr Entgegenkommen von Schwarz: Das Schutzprogramm dürfe nicht gedeckelt werden. Mit den Entschädigungsfragen tut sich ein weiterer Zankapfel auf - der Potenzial bietet: Klagen auf finanziellen Ausgleich wegen der Entwertung von Grundstücken und Häusern haben in der Regel größere Chancen als Prozesse gegen das gesamte BBI-Projekt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

18 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • S
    schoenerball

    Hauptsache dagegen, die Zehlendorfer und Klein Machnower Pfeffersäcke hatten auch nichts dagegen, wenn in Tempelhof mitten in der Stadt die Flugzeug im Wohngebiet gelandet sind, aber Fluglärm in der CDU Hochburg, das geht nicht, da müssen die Grünen helfen.

     

    Ausser Ströbele könnt ihr alle gehen, ihr Roths, Özdemirs und sonstigen Opportunisten.

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Schwarz-Grüne Träume...

  • TG
    Thomas Grimberg (Designer)

    Ekelhaft,das hier dieses Thema der Unterwürfigkeiten als Überschrift benutzt wird.Denn die Rolle von Sexualität,innerhalb von Politischen Entscheidungen kann zweifelsfrei anrüchig sein.

  • T
    tca

    tzz, tzz, die CDU...

    "Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen"

    Wenn die das sagen, so gilt das für den BBI, nicht für Atommüll-Endlager oder AKWs. Wie's halt gerade in den Kram passt.

  • I
    imation

    von Mario:

    "Der Herr Mario Czaja CDU Marzahn hat nichts gegen Nachtflüge am UKB in Marzahn im Wohngebiet - trotz Proteste der Anwohner, dennoch will er Schönefeld keine Nachtflüge?"

     

    Der Unterschied zwischen Krankenhaus und normalem Flughafen ist dir aber schon aufgefallen?

    Wird mal wissen was du dazu sagen würdest wenn einer deiner Verwandten/Bekannten nicht entsprechend behandelt werden kann weil der Landeplatz des Krankenhausen nur zwischen 8 und 18 Uhr Werktags genutzt werden darf.

  • S
    schoenerball

    Hauptsache dagegen, die Zehlendorfer und Klein Machnower Pfeffersäcke hatten auch nichts dagegen, wenn in Tempelhof mitten in der Stadt die Flugzeug im Wohngebiet gelandet sind, aber Fluglärm in der CDU Hochburg, das geht nicht, da müssen die Grünen helfen.

     

    Ausser Ströbele könnt ihr alle gehen, ihr Roths, Özdemirs und sonstigen Opportunisten.

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Schwarz-Grüne Träume...

  • TG
    Thomas Grimberg (Designer)

    Ekelhaft,das hier dieses Thema der Unterwürfigkeiten als Überschrift benutzt wird.Denn die Rolle von Sexualität,innerhalb von Politischen Entscheidungen kann zweifelsfrei anrüchig sein.

  • T
    tca

    tzz, tzz, die CDU...

    "Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen"

    Wenn die das sagen, so gilt das für den BBI, nicht für Atommüll-Endlager oder AKWs. Wie's halt gerade in den Kram passt.

  • I
    imation

    von Mario:

    "Der Herr Mario Czaja CDU Marzahn hat nichts gegen Nachtflüge am UKB in Marzahn im Wohngebiet - trotz Proteste der Anwohner, dennoch will er Schönefeld keine Nachtflüge?"

     

    Der Unterschied zwischen Krankenhaus und normalem Flughafen ist dir aber schon aufgefallen?

    Wird mal wissen was du dazu sagen würdest wenn einer deiner Verwandten/Bekannten nicht entsprechend behandelt werden kann weil der Landeplatz des Krankenhausen nur zwischen 8 und 18 Uhr Werktags genutzt werden darf.

  • S
    schoenerball

    Hauptsache dagegen, die Zehlendorfer und Klein Machnower Pfeffersäcke hatten auch nichts dagegen, wenn in Tempelhof mitten in der Stadt die Flugzeug im Wohngebiet gelandet sind, aber Fluglärm in der CDU Hochburg, das geht nicht, da müssen die Grünen helfen.

     

    Ausser Ströbele könnt ihr alle gehen, ihr Roths, Özdemirs und sonstigen Opportunisten.

  • CA
    Christian Alexander Tietgen

    Schwarz-Grüne Träume...

  • TG
    Thomas Grimberg (Designer)

    Ekelhaft,das hier dieses Thema der Unterwürfigkeiten als Überschrift benutzt wird.Denn die Rolle von Sexualität,innerhalb von Politischen Entscheidungen kann zweifelsfrei anrüchig sein.

  • T
    tca

    tzz, tzz, die CDU...

    "Dem Gesundheitsschutz der Anwohnerinnen und Anwohner ist Vorrang gegenüber wirtschaftlichen Interessen einzuräumen"

    Wenn die das sagen, so gilt das für den BBI, nicht für Atommüll-Endlager oder AKWs. Wie's halt gerade in den Kram passt.

  • I
    imation

    von Mario:

    "Der Herr Mario Czaja CDU Marzahn hat nichts gegen Nachtflüge am UKB in Marzahn im Wohngebiet - trotz Proteste der Anwohner, dennoch will er Schönefeld keine Nachtflüge?"

     

    Der Unterschied zwischen Krankenhaus und normalem Flughafen ist dir aber schon aufgefallen?

    Wird mal wissen was du dazu sagen würdest wenn einer deiner Verwandten/Bekannten nicht entsprechend behandelt werden kann weil der Landeplatz des Krankenhausen nur zwischen 8 und 18 Uhr Werktags genutzt werden darf.

  • H
    Hirnreich

    Ich finde es gut und wichtig dass sich die CDU klar und deutlich zum Nachtflugverbot geäussert hat. Man kann nicht immer unter dem Deckmantel der wirtschaftlichen Interessen über die Gesundheit der Anwohner entscheiden. Die SPD war ja nichtmal in der Lage die Flugrouten klar zu definieren. Danke und Tschüß Hr. Wowereit.

  • M
    Mario

    Vorsicht ein Täuscher! Der Herr Mario Czaja CDU Marzahn hat nichts gegen Nachtflüge am UKB in Marzahn im Wohngebiet - trotz Proteste der Anwohner, dennoch will er Schönefeld keine Nachtflüge? Lasst Euch nicht Täuschen!

  • H
    Hinrich

    Wen kann man eigentlich in dieser Stadt noch wählen, wenn man 1) an die Wichtigkeit einer freien Marktwirtschaft und guter Infrastruktur für Arbeitsplätze in Berlin glaubt? Dazu 2) die Schulexperimente und das winterliche Streusalzverbot ablehnt, 3) nicht will, das ganz Berlin zur Tempo 30 Zone wird, 4) überzeugt ist, daß die Linkspartei nicht das Wirtschaftsresort besetzen sollte (weil die evtl. eben nicht so gut mit potentiellen Investoren können) und 5) auch zukünftig ganz gerne mal mit Easyjet und Co für ganz wenig Geld heimkommen will, auch wenn der Flug zu spät ist?

     

    Die CDU wohl eher nicht...