: Nacht der Gitarren
■ Schauburg: „Knitting Factory Festivals“ II
In jeder Fabrik wird krankgefeiert, und die Belegschaft der „Knitting Factory“ bildet da keine Ausnahme. Die Gruppe „Miracle Room“ mußte am Donnerstag ohne ihren Drummer auftreten, und bei einem Trio ist das schon ein herber Schlag. Bei zwei Titeln half zwar der Schlagzeuger der nächsten Band aus, aber ohne Rock Savage, der gewöhnlich auf Ölfässern, Autoteilen und rostigen Rohren herumtrommelt, war dies ein unbefriedigender Verlegenheitsauftritt. Bassist Ed Greer und Stephen Marsh an der Gitarre spielten skurillen, ungeschliffenen Rock; die Gitarre wurde dabei mit einer Bohrmaschine malträtiert, selbstgebastelte Instrumente aus Brettern, Stahlfedern und Gitarrensaiten wurden mit Eisenrohren angeschlagen. Aber auch wenn die beiden Musiker durch Echoeffekte auf der Bühne einen vollen, brachialen Sound fabrizierten, konnte man nur ahnen, warum ein Kritiker sie als „U2 auf dem Schrottplatz“ gepriesen hatte.
Viel geschliffener und sophisticated war der Set der japanisch-amerikanischen Band „Bosho“. Auch hier stand der Gitarist im
Vordergrund: Hahn Rowes Spiel varierte zwischen schrillen Hendrixeffekten und jazzigen Sounds. An der elektrischen Violine klang er dann wie der indische Geiger L.Shankar. So eklektisch wie sein Spiel war das gesamte Konzept der Band ausgerichtet. Bassist Chulo Gatewood und Yuval Gabay am Schlagzeug sowie Kumiko Kimoto an der elekronischen und akustischen Percussion vermengten asiatische und afrikanische Stile mit Rock und Funk. Ob Frau Kimoto dabei nun aber japanisch oder englisch gesungen hat, konnte auch die Expertenrunde im Foyer nicht eindeutig feststellen.
Der Gitarrenveteran Sonny Sharrock spielte zum Abschluß
bodenständigen Jazzrock mit Feuer in seinen Soli und zwei
Drummern in der glühenden Begleitband. In dem sehr
gemischten Programm lagen orgiastische Jazzhymnen gleich
neben simpler Barmusik, nach fetten Bassostinati gab es als letzten Rausschmeißer einen Rock n‘ Roll, der von Klischees nur so triefte. Ein merkwürdiger Abschluß eines sehr lauten Abends.
Willy Taub
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