■ Nachschlag: Betteln, daß es kracht: Benefiz-Gala im und für das Tempodrom
Nachschlag
Betteln, daß es kracht: Benefiz-Gala im und für das Tempodrom
Das war nun wohl die letzte Saison des alten Tempodrom an seiner historischen Adresse „In den Zelten“. Die Zelte hoffen auf baldigen Umzug. Allerdings: Die finanzielle Realisierung des neuen Standorts am Anhalter Bahnhof, für die immerhin 26 Millionen Mark aufgebracht werden wollen, steht immer noch auf tönernen Füßen. Seit zweieinhalb Jahren nun laden Tempodrom-Gründerin Irene Mössinger und ihre Künstlerfreunde zu den Benefiz-Galas in eigener Sache. Es wird gebettelt, daß es nur so kracht. Und das ist auch gut so.
Jüngstes Event: die „Rasante Freundeskreis Revue“ am vergangenen Freitag. Wie ein Blick in den VIP-Bereich zeigte, sollten diesmal prominente Gäste aus der Politik, wie Umweltsenator Strieder, Bundesbauminister Töpfer oder Bausenator Nagel, angezapft werden. Das Hotel Interconti Berlin ließ sich nicht lumpen: Wein, Sekt und Selters flossen bis zum Abwinken, dazu gab es eine feine Grundlage vom kalt-warmen Buffet.
Das Rasanteste am etwa vierstündigen Programm war schließlich die chaotische Mischung der Genres und Interpreten, die für diesen Veranstaltungsort nur allzu typisch ist. Das Junge Ensemble Berlin leitete den Abend mit alten Ufa-Songs ein. Dann folgten eine artistische Bodennummer, moslemischer Tempeltanz; der totale Bruch: Breakdance für Kuratoren, schließlich Everybody's Darling Meret Becker („Bitte bewerft Irene mit weichem Geld!“) mit einer süß- schwulen Blue-Moon-Interpretation.
Des weiteren: erfrischend Artistisches auf dem Trapez, dann eher höflicher Applaus für die jazzigen Interpretationen der Neuberlinerin Gitte Haenning („Ich will 'nen Cowboy als Mann!“), die am Ende ihrer Darbietung tatsächlich von Olli Gade, dem einzigen Cowboy Brandenburgs, von der Bühne geholt wurde.
Pause. Wieder die moslemischen Tempeltänzer, dieses Mal gleich dreißig Minuten. Tempeltanz könnte überhaupt das Ding werden in der kommenden Saison. Dann Folkloristisches aus der Mongolei, ein kenianischer Handstandartist, Stand-up-Comedy und last, but not least die Princess Shequida, die – wenn's wahr ist – über fünf Oktaven sang.
Wer fehlt? Noch jemand ohne Billett? Ein paar haben es verabsäumt, für den guten Zweck in den Ring zu steigen. Die vorher als Top-Act angekündigten Marianne Rosenberg und Nina Hagen schmeißen dafür hoffentlich die nächste Revue. So manche Nummer hatte diesmal leider ihre Längen. Doch was soll's, wer sich langweilte, konnte für 120 Mark derweil dem Freundeskreis beitreten. Die Zeit drängt. Kirsten Niemann
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