piwik no script img

SanssouciNachschlag

■ Sexy Pfisters are in town

„Bajodijodijo, how lucky can you get“. Süß und schmelzend erklingen aufs neue Melodien fürs Gemüt, denn zwei der „Geschwister Pfister“ sind back in town. Ursli und Toni schwelgen in blue notes und singen, natürlich, von lauter Liebe. „There ist so much sorrow in this world, but I am here to bring you joy“, verkündet Ursli, der Star des neuen Programms „Ursli Pfister – a pure joy“.

Wir erinnern uns: Die Geschwister sind in Zermatt geboren und in Las Vegas aufgewachsen, deshalb spricht Ursli Englisch und Toni Deutsch mit Schweizer Akzent. Dazu gesellt sich im neuen Programm noch die Bulgarin Fräulein Schneider, die die Brüder in einer drittklassigen Cocktailbar aufgelesen haben. Das stämmige Fräulein kann sein Glück noch nicht ganz fassen und muß immer wieder ein Taschentuch aus seinem Dirndl-Ausschnitt ziehen. Lilo und Willi Pfister dagegen haben dem Glamour den Rücken gekehrt und betätigen sich jetzt als Bergbäuerin („Oh, the Folklore“) beziehungsweise als Elvis-Imitator. So schön ist die Pfister-Story, daß die Sänger nicht einmal ihre echten Namen im Programm dulden und man sich kaum vorstellen mag, daß Ursli Pfister jemals anderes trägt als schenkelkurze Frackhosen mit Schärpe und ein Jackett mit Tischdeckenmuster.

Nach der Pause zerbricht diese Illusion: Ursli fühlt sich auch im schweinchenrosa Show-Anzug mit Straßbesatz und Cowboyhut wohl. Selten ist das Showbiz von Sängern parodiert worden, die es so sicher beherrschen, ihr Publikum perfekt im Griff haben und obendrein professionell singen können.

Atemlose Stille herrscht in der „Bar jeder Vernunft“, wenn Ursli das letzte Wort eines Songs pianissimo aushaucht und die Arme ekstatisch gen Himmel streckt. „Ist er nicht sexy“, stöhnt eine Zuschauerin, entflammt vom Bolero-Rhythmus des schönsten der vielen Schubi-du-ap-Stücke des Abends „Blue by you“ – ein Rhythmus, zu dem zunächst nur Vogel- und Reptilienlaute erklingen. Die Zuhörer sollen sich nämlich in die Sümpfe des Amazonas versetzt fühlen, erklärt Ursli: „Can I have some more Unterholz, please?“

Die Neuformation der Pfisters singt mit Mikrofon, und der Pianist und musikalische Leiter Johannes Roloff wird jetzt von einem Bassisten (Jürgen Schäfer) und einem Schlagzeuger (Hans Schumann) unterstützt. Mit dieser Band schmettern die Sänger nun auch Country-Musik und schrecken sogar vor Gounods süßlichem Erfolgsstück „Ave Maria“ nicht zurück. Unter vier Zugaben kommen Ursli, Toni und Fräulein Schneider nicht davon. Denn wie sagt Ursli so richtig – „Who could live without a song?“ Miriam Hoffmeyer

Weitere Aufführungen bis 28.11. mittwochs bis sonntags, jeweils 20.30 Uhr in der Bar jeder Vernunft, Schaperstraße 24.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen