Sanssouci: Nachschlag
■ Wie Sendeschluß: Soul, Truth & Power im Boogaloo
Patchwork, dachte ich, als ich die bunt zusammengewürfelte Band Soul, Truth & Power auf der Bühne sah. Denn die sahen aus, als hätten sie sich über ein Inserat gefunden. Und überhaupt nicht in zu erwartende funkige Space-Klamotten gehüllt, sondern wie Leute, die man beim Einkaufen trifft. Eigentlich ganz sympathisch. „Raren Funk“, Groove und HipHop versprach das Programmzettelchen. Na fein.
Die sieben aus Hamburg legten sich ins Zeug: ihr farbiger Frontmann – im wahrsten Sinne des Wortes – spulte sein Animationsprogramm ab mit „Fasten seat-belts“ und anderen Sprüchen, aber vielleicht meinte er sich selbst, denn sogleich griff er sich an die Eier, wie den ganzen Abend. Von einem Freund habe ich mir sagen lassen, daß das zum festen Repertoire der HipHop- Szene gehört. Okay, aber leider fehlte trotzdem etwas Wichtiges: der Soul. Den hatte Sängerin Denise Cole zu Hause gelassen. Während die Musiker groovige Rhythmen und angenehmes Flair verbreiteten, war ihr Stimmumfang recht beschränkt, das Timbre auf unangenehme Weise rauh. Nix „Voodoo-Zauber der Karibik“ (Programmheft), sondern schüchterne Blicke auf ihre Schuhspitzen. Richtig mitleiderregend. Interessanter waren die Glitzersteinchen auf ihrem Oberteil. Gezwungenermaßen mußte unser Rapper um so mehr zappeln. Vielleicht war er deswegen so monoton wie Sendeschluß. Keinerlei Variationen in seinem Sprechgesang gönnte er dem trotzdem ekstatisch begeisterten Publikum.
Die Musiker waren dagegen 1a. Sich richtig entfalten konnten sie eigentlich erst, als die aus San Francisco stammende Sängerin und Hammond-Orglerin von der Gruppe „rad“ (auch aus Hamburg) als Gast zum Schluß und sozusagen als Bonbon auf die Bühne kam und dort herumwirbelte. Und endlich das aufs Parkett legte, was dem angekündigten Anspruch und den satten Eintrittspreisen von immerhin 25 Mark gerecht wurde: Fun, Action mit einer Prise Sex-Appeal. Vielleicht sollten ST&P mal wieder ein Inserat aufgeben... Katja Winckler
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