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■ NachschlagTechnoide Zukunft – Tanz im Hebbel-Theater

Die Hände der einen öffnen behutsam einen Weg, als wäre der leere Bühnenraum mit einer trägen, widerständigen Kraft geladen, die sie langsam auf die Seite schieben muß. Die Hände der anderen spreizen sich wie Krallen, haken sich mit jedem Finger fest an einen Strang der äußeren Wirklichkeit. Die eine läßt die Bewegungen in sich aufsteigen und über sich hinausdringen, bis zur harmonischen Verschmelzung mit dem Raum. Der anderen reißt es manchmal den Körper weg. In ihren Energien hätten die beiden Solo-Tanzstücke von Riki von Falken und Anna Huber nicht unterschiedlicher sein können. Zwischen den unabhängig voneinander entstandenen Choreographien findet ein Zeitenwechsel statt, der den Zuschauer aus einem warmen, mediterranen Traum in eine technoide, fremde Zukunft schleudert.

In „Barriers“, ihrem fünften Solotanzstück, nahm die Berliner Tänzerin Riki von Falken den Umgang mit inneren und äußeren Barrieren als Ausgangspunkt. Die ungewöhnliche Musik, die Andrea Neumann und Margarete Sendelbach nach Stücken von Cage, Friedl und eigenen Improvisationen spielten, und die große Verlangsamung der Bewegungen erzeugten manchmal eine gespannte Lautlosigkeit, ein Anhalten der Zeit, bei dem man sich als Zuschauer fast vergessen fühlte. Am Rande ihrer schönen Bewegungssprache blitzen sinnliche und ironische Momenten auf, die man sich breiter ausgemalt wünscht.

Hart, kantig und unverrückbar wirken dagegen die „Brief Letters“ von Anna Huber, wie die Antwort eines Replikanten aus dem Film „Blade Runner“ auf die Sehnsucht nach lebendiger Schönheit. Schnell, exakt und verschlungen faltet sie auf kleinstem Raum ihre Bewegungen. Im Dialog mit Sebastian Hilken, der mit seinem E-Cello auf der Bühne hinter einer transparenten Wand steht, versteht sie ihren Körper als eigenwilliges Schriftzeichen, in dessen Code Expressivität und Abstraktion, unmittelbare Sinnlichkeit und ausgefeilte Tanzformen eingegangen sind. Ihr gelingt es, den Tanz – das Wiederholbare – mit der Gegenwärtigkeit der Performance – aufzuladen. Katrin Bettina Müller

Soloprogramme von Riki von Falken und Anna Huber, bis 10.11., 20 Uhr, Hebbel-Theater, Stresemannstr. 29, Kreuzberg

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