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■ NachschlagParty, Theater, Club und Sound – Trolle Massive im WTF

Daß Drum&Bass seinen Weg durch die Institutionen, sprich Charts und Werbung, angetreten hat, ist ja schon länger Fakt. Daß diese Musik sich auch eignet, ein Theaterstück zu strukturieren, versucht man im WTF zu beweisen. „Trolle Massive – nach dem Besuch eines Toten“ heißt das Stück (Regie: Wolfgang Apprich/Dagmar Schlingmann), das durch Texte des Ostberliner Autors Lothar Trolle und die Massive Sounds unter der musikalischen Regie von Vicki Schmatolla und Alexandra Holtsch zum Schwingen gebracht wird. Als „Theaterkonzert“ kündigt man das Stück an, Trolle Massive soll Theater, Drum&Bass und Gegenwartskultur in einem sein. Und so sieht es im WTF dann zu Anfang auch aus: Kaum Bestuhlung für die Besucher, in den Ecken des Raums verteilt Schlagzeug, Gitarre, Keyboard und Flügel, an den Decken Baulampen, Diaprojektoren, sich drehende Spiegel und allerhand anderer Lichtdesign- Schnickschnack. Zu Beginn setzen sich die zehn an dem Stück Mitwirkenden brav und Comedian-Harmonists-like auf die Bühne und skandieren ganz langsam zu ein, zwei Gitarrenakkorden la-lala. Nicht mehr, nicht weniger und immer wieder. Die Endlosrille läßt grüßen, und als man glaubt, die Nadel würde nun wirklich bald ihren Geist aufgeben, erhebt sich eine der Schauspielerinnen und liest eine kleine Note über Jungs, Mädchen und Hunde, die alle zusammen am Waldesrand ihren Verstand abgeben. So langsam füllt sich dann der Raum mit Geschichten und Märchen. Von Goldhähnchen, Rotkehlchen und Bleßhühnern, von Noah und den sieben Geißlein wird erzählt. Aber auch Alltägliches: Dann nehme ich die leere Flasche und bringe sie zurück in die Kantine und schnappe dabei etwas Luft.

Man läßt die Puppen tanzen, immer wieder übernehmen die Breakbeats den Takt, unterbrechen die Schauspieler. Bald sind dann auch die Zuschauer Teil der Inszenierung, da geht es dann wirklich wie in einer x-beliebigen Clubnacht zu. Da tanzen hier ein paar, lieben sich dort zwei, da gibt es Nebel, Sounds und vor allem die von Hagen Lamberty beeindruckend und irritierend in Szene gesetzten Lichterspiele. Nach „Möglichkeiten des Lebens“ möchte Autor Lothar Trolle suchen, eine „Neugewichtung von Sprache und Musik“ sei Ziel dieser Produktion. Doch nach der einstündigen Inszenierung ist man genauso schlau wie vorher: Die Party, der Club und die Sounds gewinnen fast immer, der Rest bleibt auf der Strecke, und eigentlich ist das auch ganz gut so. Gerrit Bartels

Am 3., 4. und 8.7. ab 23 Uhr, vom 9. bis 11.7. ab 22 Uhr im WTF, Holzmarktstr. 11, Mitte

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