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Nachruf auf Atomkraftgegner LambkeDer Mann auf dem Trecker

Er war Gründer der „bäuerlichen Notgemeinschaft“ im Wendland und beim Atomprotest stets mit dem Trecker dabei. Nun ist Adi Lambke gestorben.

Adi Lambke war beim Atom-Protest immer mit dem Trecker dabei. Bild: dpa

Der Landwirt Adi Lambke aus dem kleinen Dorf Jameln im Landkreis Lüchow war jahrzehntelang Leitfigur des bäuerlichen Widerstands gegen die Gorlebener Atomanlagen. Schon 1979, als im Wendland noch ein 12 Quadratkilometer großes nukleares Entsorgungszentrum entstehen sollte und die Bauern zum großen Gorleben-Treck nach Hannover aufbrachen, fuhr Adi aus der „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ mit seinem Trecker ganz vorn mit. Ein Dutzend Trecker standen auch am Friedhof des Dorfs Breselenz, als dort letzten Dienstag die sterblichen Überreste von Adi beigesetzt wurden.

Der Mitbegründer der „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ hat in dreieinhalb Jahrzehnten bei kaum einer Protestaktion gegen die Gorlebener Atomanlagen gefehlt. Als etwa 1996 beim zweiten Transport von hochradioaktivem Müll in das Wendland die Polizei eine Blockade von 150 Castor-Gegnern mit Hochdruckwasserwerfern und Knüppelschlägen räumte, fuhr Adi Lambke mit seinem Trecker auf einen der Wasserwerfer zu, um ihn seinerseits zu blockieren.

Mehrere Polizisten sprangen daraufhin auf den Traktor, schlugen dessen Scheiben kaputt, traktierten Lambke mit Tritten, Stock- und Fausthieben. „Blutüberströmt, von Glassplittern übersät, mit zerrissenem Hemd wurde Adi vom Trecker gezogen“, erinnerte sich der damalige Sprecher der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, Mathias Edler, an die Szene. Lambke habe mit mit einer Eisenstange herumgefuchtelt, begründet die Polizei später ihren Einsatz.

Auch in den folgenden Jahren demonstrierte Adi Lambke, inzwischen schon gehbehindert, auf seinem Schlepper weiter gegen Castortransporte. Als die Bauern aus dem Wendland 2009 nach Berlin trecken, um gegen die Verlängerung der AKW-Laufzeiten zu protestieren, konnte er aus gesundheitlichen Gründen nicht mit dem Trecker hinfahren. Doch als die Bauern am Kanzleramt ankamen, war ihr alter Gefährte schon da: Mit seinen Enkeln hatte sich Lambke an einer Pyramide festgekettet.

Adi, der nicht mit seinem richtigen Vornamen Adolf angesprochen werden wollte, starb vergangene Woche im Alter von 82 Jahren. Zur Beerdigung kamen Hunderte Menschen.

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10 Kommentare

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  • W
    Waage

    Weder Terrorist noch "linker Spinner": ein Veteran der alten Garde tritt ab - nicht mehr und ganz bestimmt nicht weniger.

     

    Ich hätte allerdings mit Blick auf eine mögliche aufgeheizten Situation, in der auch schon mal die Pferde durchgehen können, den Frontladerzinken wohlweißlich zu Hause gelassen. Man ist ja schließlich auf einer Demo und nicht im Bürgerkrieg.

     

    Wer etwas Ahnung von Treckertüren (vom Fritzmeyer "Flatterverdeck" bis zur modernen Komfortkabine) hat weiß auch, dass man mit so einem Zinken (ca. 70cm lang, konisch zulaufend aus Schmiedestahl, vorne recht "spitzig" und 5 Kilo schwehr) auf die Schnelle keine Schleppertür verriegeln kann.

     

    Der Herr Lambke hatte wohl eher Treckertür und Eisenstange gleichzeitig in der Hand um einen Ausfall zu wagen und sich den Angreifern beherzt Mann gegen Mann entgegenzustellen.

    Mut und Furor im klassischen Sinne hatte Herr Lambke ohne Frage - Respekt!!! - aber wer austeilen kann muß auch einstecken können.

     

    Ich war in meinem Leben auf zig Demos aber diese selektive Opferwahrnehmung- und Instrumentalisierungs"kultur" ging mir immer schon auf den Senkel.

     

    Ich wünsche Herrn Lambke da wo er jetzt ist und in seinem nächsten Leben Frieden, Glück und Gelassenheit!

  • T
    tsitra

    @ Dr. Thorsten Schmidt.

     

    Nochwas, Herr Schmidt:

     

    Sind Sie intelektuell in der Lage hier mal kurz zu skizzieren, was Sie sich mit Ihrem wohl bescheidenen Vorstellungsvermögen, unter einem "linken Spinner" vorstellen?

  • T
    tsitra

    Ich gehe mal davon aus, dass Ihr Beitrag hier ernst gemeint ist Hr. "Dr. Thorsten Schmidt" und teile Ihnen mit, dass Sie fundiert begründet VIEL EHER ein Terrorist sind und auf jeden Fall sich hier wie ein übler Zeitgenosse bzw. Fiesling gebären.

     

    Adi Lambke war mit Sicherheit, im Gegensatz zu Ihnen, ein

    anständiger Mensch, der dem in unserer Verfassung festgeschrieben Grundrecht (§2 Abs.2), welches letzlich Gewalt verbietet, Achtung entgegengebracht hat.

     

    Widerwärtig, Ihr Kommentar.

  • C
    cyctologie

    lieber Dr. Thorsten Schmidt, wie respektlos muss man sein und wie wenig anstand muss man haben, um einen nachruf in dieser herabsetzenden weise zu kommentieren?

     

    schämen sie sich!!

  • SE
    Stefan E.

    Das Wirken und der Engagement von Menschen wie Adi Lambke gehört auch zu den Gründen warum ich mit meiner Familie ins Wendland gezogen bin, Wichtig ist für mich, das Gedenken an solche Menschen wie Adi Lambke zu erhalten.

  • DT
    Dr. Thorsten Schmidt

    War er "nur" ein linker Spinner oder doch schon ein Terrorist?

  • E
    ernst

    Das Bild von dem Polizeieinsatz, an dem er brutal aus seinem Trecker geknüppelt wurde ist mir noch immer vor Augen. Damals habe ich den Respekt vor dieser Art von "Staatsgewalt" verloren. Möge er seinen persönlichen Frieden gefundenden haben. Meine Anerkennung gilt so einem aufrichtigen Mann.

  • J
    joe

    Was er damals für uns, die wir auf der Straße saßen, getan hat, war sehr mutig. Danke!

  • BG
    Bernd Goldammer

    Ich werde Adi Lambke nicht vergessen.

  • PM
    Peter Mueller

    Danke, Adi, fuer Deinen Einsatz und Dein Engagement. Ich werde Dich in bester Erinnerung behalten und meinen Toechtern von Dir erzaehlen. Und heute Abend trinke ich einen auf Dein Wohl.