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Nachrichtensperre in Bangladesh

■ Bekanntgabe genauer Zahlen über die Opfer der Hochwasserkatastrophe verboten / Regierung verschleiert Versäumnisse wie vor kurzem der Sudan /Mindestens zwölf Tote

Dacca/Khartum (dpa/afp/wps) - Mit einer Nachrichtensperre versucht jetzt auch die Regierung von Bangladesh die Berichterstattung über ihre Versäumnisse bei der medizinischen Versorgung der Hochwasseropfer einzudämmen. Das Gesundheitsministerium stoppte am Dienstag die Bekanntgabe neuer Krankenzahlen, als Zeitungen über mehrere Choleratote in der Hauptstadt Dacca berichteten. Während Präsident Ershad vor Journalisten eine Choleragefahr verneinte, wurden aus Krankenhäusern der Hauptstadt bekannt, mindestens zwölf Menschen seien in den letzten beiden Tagen an Cholera gestorben.

Erst vor kurzem hat sich die sudanesische Regierung mit einem ähnlichen Verschleierungsversuch ins Kreuzfeuer der internationalen Presse gebracht. Sie verhängte kurzerhand eine Pressezensur als Vorwürfe laut wurden, die in Khartum ansässigen muslimischen Nordsudanesen würden bei der Hilfsgüterverteilung bevorzugt behandelt, während die überwiegend schwarzafrikanischen Flüchtlinge christlichen oder animistischen Glaubens aus dem Südsudan nur zögernd versorgt würden.

Drohgebärden gegenüber der internationalen Presse, sind indessen nicht die einzige Parallele zwischen den beiden Katastrophengebieten. Beide Staaten machten im Frühsommer durch erneute Islamisierungskampagnen von sich reden. General Ershad, der sich seit seinem Militärputsch 1982 im Sattel hält, verordnete erst vor drei Monaten entgegen den unterdrückten Protesten der Opposition den Islam als Staatsreligion. Seither fürchten religiöse Minderheiten und Frauengruppen um ihre existenziellen Rechte. Ershad, der die internationale Gemeinschaft um eine zusätzliche Lebensmittelhilfe von drei Millionen Tonnen anrief und auf eine Aufstockung der Auslandshilfe hoffen darf, sieht sich durch das Ausmaß der Katastrophe indessen nicht gefährdet. „Politisch wird uns das nur helfen“, verkündete er durch die Fluten watend. „Die Leute schauen mich an, als ob ich vom Himmel käme, ich befürchte nur, daß ich dazu nicht in der Lage bin.“

Ebenso unbeirrt traf gestern das sudanesische Kabinett, in dem seit Mai radikal fundamentalistische Koalitionspartner wieder auf dem Vormarsch sind, die Entscheidung die altislamischen Strafgesetze der Scharia wieder einzuführen. Der anhaltende grausame Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südsudan hatte sich 1983 an dieser Frage neu entzündet. Nach dem Kabinettsbeschluß, der noch vom Parlament verabschiedet werden muß, besteht nun wenig Hoffnung auf Verhandlungen zwischen Ministerpräsident Sadik el-Mahdi und dem Chef der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee, Oberst John Garang.

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