Nachnutzung Flughafen Tegel: Forscher, auf ins Terminal!
Zukunftstechnologien für die Stadt sollen einmal auf dem Flughafengelände entwickelt werden, wünscht sich der Senat und stellt schon mal einen "Masterplan" vor.
Bei allen Sorgen über die Fertigstellung des neuen Flughafens BER tritt derzeit eine Frage in den Hintergrund: Was geschieht mit dem Flughafen Tegel nach seiner Schließung? Der „Masterplan TXL“ der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sieht die Errichtung einer „Urban Tech Republic“ vor – als eine Ort für Zukunftstechnologien wie Recycling oder erneuerbare Energien. Doch der weiterhin unsichere Eröffnungstermin des Großflughafens verzögert den Startschuss für das Mammut-Projekt im Berliner Nordwesten.
10.000 bis 20.000 Beschäftigte, 800 bis 1.000 Firmen und ein Gesamtumsatz von 1,5 bis 2,5 Milliarden Euro – so soll die Bilanz der Firmen auf dem einstigen Flughafengelände in Tegel im Jahr 2030 aussehen. Zumindest nach der Vorstellung von Hardy Schmitz, Gründungsgeschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, die das Gelände vermarktet. Eine wichtige Etappe soll dafür der „Masterplan TXL“ liefern, den Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) am Mittwochabend vorstellte. Während Müller von einem „Gesamtkunstwerk“ sprach, warnte Philipp Bouteiller, operativer Geschäftsführer der Tegel Projekt GmbH, vor einer Überbewertung. „Der Plan ist nichts anderes als eine grobe Erschließung des Flughafengeländes“. Soll heißen: Es geht eher um den Verlauf von Wegen und Straßen als um konkrete Gebäudedetails.
Das Sechseck bleibt
Nach dem Masterplan könnten sich bald auf 220 Hektar des insgesamt 460 Hektar großen Geländes Forschungseinrichtungen, Start-ups und größere Unternehmen aus dem Bereich der urbanen Zukunftstechnologien tummeln. Sechs Schwerpunkte soll es dabei geben: Mobilität, Wasserver- und entsorgung, Energie, Recycling, Werkstoffe und IT. Das berühmte sechseckige Terminalgebäude und die unmittelbare Umgebung sollen dabei laut Schmitz als „Wuselzone“ zuerst umgestaltet werden.
Bouteiller rechnet damit, dass die „niedrigschwellige Renovierung“ der Bestandsgebäude zwischen drei und sechs Monaten dauern wird. Möglichst rasch soll dann die Beuth Hochschule für Technik (ehemals Technische Hochschule) einziehen und rund 15.000 Quadratmeter im Terminal belegen. Am derzeitigen Standort in Wedding platzt die Einrichtung aus allen Nähten, in Tegel soll ein zweiter Standort für die Forschung eröffnet werden. Allerdings ist die Finanzierung des Umzugs noch nicht geklärt. Die Stadtentwicklungsverwaltung und die Tegel Projekt GmbH wurden am Mittwochabend indes nicht müde zu betonen, dass man sich vom Beuth-Zuzug eine wichtige Signalwirkung für weitere Interessenten erhoffe.
Im Terminalbereich D und rundherum sollen als Zwischennutzer vor allem Start-ups und Unternehmen mit wenig Platzbedarf einziehen. „Die wollen wir aber dauerhaft halten“, sagte Bouteiller. Für größere Firmen mit mehr Platzbedarf ist ein Streifen zwischen der südlichen Landebahn und dem Terminalgebäude vorgesehen. Sein Kollege Schmitz hofft auf die Fraunhofer Gesellschaft als ein Nutzer: „Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn wir die nicht nach Tegel bekommen.“
Die Suche nach Tegel-Interessenten hängt vor allem davon ab, wann der neue Großflughafen in Betrieb geht. Zwar soll der Tegel unmittelbar mit der BER-Eröffnung geschlossen werden, eine Schlüsselübergabe durch die Flughafengesellschaft erfolgt jedoch erst sechs bis neun Monate später. Die Tegel Projekt GmbH geht derzeit davon aus, dass frühestens 2014 mit der Erschließung des Geländes begonnen werden kann.
Die Unsicherheit um den Eröffnungstermin erschwert auch die Suche nach Unternehmen, die sich in Tegel ansiedeln wollen. „Derzeit ist die Anfragen-Frequenz sehr niedrig“, sagte Philipp Bouteiller. Er hofft, dass sich die Zahl der Interessenten erhöhen wird, sobald es einen Eröffnungstermin gibt.
Während der Masterplan-Vorstellung am Mittwoch bemühten sich die Verantwortlichen auch um die Zerstreuung von einigen hartnäckigen Gerüchten. „Tegel parallel zum BER in Betrieb zu lassen würde gegen den Planfeststellungsbeschluss des neuen Flughafens verstoßen“, sagte etwa Staatssekretär Ephraim Gothe. Auch eine Anbindung des Flughafens per Seilbahn – die Spinnerei eines Architekturbüros – an den Hauptbahnhof hielt er für unrealistisch.
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