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Nachhut-Gefechte in Israel

Außenminister Arens wegen Äußerungen in Bonn zur deutschen Einheit kritisiert / Israel geht davon aus, daß bei der Einheit „die Tradition der bundesdeutschen Demokratie dominieren wird“  ■  Aus Tel Aviv Amos Wollin

Er will zwar nicht das gesagt haben, was er bei seinem Bonn -Besuch letzte Woche laut deutscher und israelischer Presseberichte geäußert hatte, aber in der Sache machte er keinen Rückzieher: Der israelische Außenminister Mosche Arens rückte ungeachtet der Kritik zu Hause nicht von seiner Erklärung ab, in der er die diplomatischen Vertreter im Ausland von der positiven Haltung Israels zur deutschen Einheit unterrichtet hatte.

Wenn das geeinte Deutschland demokratisch ist, gibt es keine Einwände mehr, so die neue israelische Position, an die die israelische Öffentlichkeit allerdings erst langsam gewöhnt werden muß. In einem Interview mit der Zeitung 'Maariv‘ sagte Arens, er habe Vertrauen in die bundesdeutsche Demokratie. Bonn „hat gute Beziehungen zu Israel, und es ist ja eine Tatsache, daß wir um bundesdeutsche Hilfe bitten, wenn wir Sanktionen des Europarats gegen Israel abwenden wollen,“ erklärte der Außenminister und wies darauf hin, daß die DDR Israel stets ablehnend gegenübergestanden und keine Verantwortung für die Nazi-Verbrechen übernommen habe. „Wenn es also zur Einheit kommt, kann man davon ausgehen, daß die Tradition der bundesdeutschen Demokratie dominieren wird. Und da habe ich gesagt, wenn dem so ist, dann werden wir darin im Vergleich zur bisherigen Lage eine Änderung zum Besseren sehen“, rechtfertigte Arens seine Bonner Aussagen.

In einem Schreiben an Bundeskanzler Kohl hatte der israelische Ministerpräsident Schamir die Befürchtung für die jüdische Bevölkerung in einem vereinigten Deutschland angesprochen und damit eine harsche Reaktion Kohls ausgelöst. Diese Differenzen sollte der Bonn-Besuch des Außenministers aus dem Weg räumen. Insofern handelt es sich bei den Äußerungen von Arens um eine Art realpolitischer Revision früherer Standpunkte. Der Widerstand in der Regierung gegenüber der neuen Politik ist sichtlich gering. Zwar forderte Umweltminister Ronni Milo vom Likud-Block am Montag, die Regierung solle sich gegen die Einheit Deutschlands aussprechen. Aber selbst er fügte hinzu, daß diese Differenz für ihn kein Casus belli sei.

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