Nachhaltiges Plastik: Lego bald erdölfrei?

Der dänische Spielzeughersteller will „klimaneutral“ werden. Doch umwelfreundlicher Plastikersatz ist gar nicht so einfach zu finden.

Lego-Verkauf in einem Laden in Bonn

Kein leichtes Unterfangen: Lego will klimafreundliche Steine herstellen Foto: reuters

STOCKHOLM taz | Schluss mit der Abhängigkeit vom Erdöl. Das beschloss der dänische Spielzeugkonzern Lego schon 2015. Man gründete das Forschungszentrum „Lego Sustainable Materials Centre“ und setzte sich zum Ziel, bis 2030 „klimaneutral“ zu werden.

Davon scheint man noch ein ganzes Stück entfernt zu sein. Denn die meisten Lego-Klötze werden seit den 1960er Jahren aus dem erdölbasierten Kunststoff „Acrylnitril-Butadien-Styrol“ (ABS) gefertigt. Das ist ein besonders stabiles Plastikmaterial, das auch für viele Haushaltsgegenstände gebräuchlich ist. Es ist anderen Alternativen überlegen, was Passgenauigkeit, Stoßfestigkeit und Farbbeständigkeit angeht. Mit ABS wurde daher das Cellulose-Acetat abgelöst, aus dem die Klötze ursprünglich hergestellt worden waren.

Ein Zurück zu diesem Biokunststoff soll es nicht geben, berichtet Maria Rosenberger Petersen, Lebenszyklusforscherin bei Lego: „Aber alles Plastik, das gebraucht wird, um die mehr als 4.000 unterschiedlichen Plastikteile herzustellen, wollen wir aus nachhaltigerem Material als Erdöl, möglichst aus Pflanzenmaterialen herstellen.“ Kompromisse bezüglich Qualität, Haltbarkeit und Benutzerfreundlichkeit soll es keine ­geben: Die Bausteine sollen sich fest zusammenfügen, aber auch von Kinderhänden leicht wieder voneinander lösen lassen. Die bisherigen Resultate sind überschaubar.

Die Produktion von Lego-Teilen beruht derzeit auf rund 20 verschiedenen Plastiksorten, einzelne der Teile sind gleich aus mehreren Sorten zusammengesetzt. Immerhin wurde mittlerweile ein nachhaltiges Material bis zur Produktreife entwickelt und konnte im vergangenen Jahr auf den Markt gebracht werden: Die biegsamen Elemente wie beispielsweise für Bäume, Büsche und Blätter werden jetzt aus pflanzlichem Kunststoff hergestellt, der aus Zuckerrohr gewonnen wird. Das war nicht allzu kompliziert, sagt Rosenberger Petersen: Technisch gesehen sei das aus Erdöl gewonnene konven­tionelle Polyethylen, das man bislang verwendet hatte, mit dem auf Pflanzenbasis identisch. Im Prinzip sei nur das Rohmaterial ausgewechselt worden. Der große Durchbruch war das allerdings noch nicht: Nur 1–2 Prozent der Lego-Produktion beruht auf Polyethylen.

Unverwüstliches Plastiksteine

Schon bei der Umstellung von konventionellem auf Zuckerrohr-Polyethylen sei es aber keineswegs nur um das Finden eines passenden Pflanzenmaterials gegangen, betont Rosenberger Petersen. Man habe ganz konkret die gesamte Umwelt- und Klimabelastung analysiert, die bis zur Fertigstellung der Klötze und weiter bis zu ihrer Entsorgung entstehe. Das schließe auch mögliche künstliche Bewässerung beim Zuckerrohranbau, Dünger- und Pestizideinsatz auf den Plantagen und die CO2-Bilanz der Ernte mit ein. Das von Lego bisher verwendete Zuckerrohr komme aus Brasilien, nehme aber keinen nennenswerten Teil des Ackerlands in Beschlag, das ansonsten für die Lebensmittelproduktion zur Verfügung stehen würde. Man habe auch keine Korrelation zwischen der Rodung von Regenwald und dem Zuckerrohranbau gefunden.

Der nächste Schritt des Konzerns hin zu mehr Nachhaltigkeit wird das Verpackungsmaterial sein: Hier will Lego die Umstellung bis 2025 vollzogen haben. Allgemein habe Lego sich von Anfang an bemüht, kein Wegwerfprodukt herzustellen, das schnell wieder im Abfall lande, sagt die Lego-Produktmanagerin Bistra Andersen. Und tatsächlich hätten Legos einen hohen Gebrauchswert: Auch vor 60 Jahren hergestellte Teile würden noch perfekt funktionieren, seien mit der aktuellen Produktion kompatibel und würden daher oft „weitervererbt“. An diesem Ansatz wolle man auch bei der Suche nach erddölfreien Ersatzmaterialien festhalten.

Daher hält Lego einen biologisch abbaubaren Kunststoff nicht für einen Teil der Lösung: „Das vermittelt den falschen Eindruck, man könne die Sachen dann einfach in die Natur werfen.“

Nach Alternativen zum erdölbasierten Kunststoff ABS sucht Lego aber weiter. Klötze auf Mais- und Weizenbasis hatten sich als weniger geeignet erwiesen, die jährlich produzierten 60 Milliarden Lego-Teile „klimaneutral“ ersetzen zu können. Entweder mangelte es an Festigkeit oder Farbbeständigkeit. Versuche mit Kunststoffen auf Basis von Industriehanf scheinen indes erfolgversprechender zu verlaufen.

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