Nachgehört: Radio-Feier-Tag
■ Je nach Lesart können alle Sender über die neue Medien-Analyse jubeln
Gestern konnten sie alle jubeln, die Radiosender. Fast alle. Denn je nach Interpretation des neuen Statistik-Konglomerats über ihre Hörer-Zahlen (die „Medien-Analyse“) haben die meisten Radiosender auf die ein oder andere Zählweise mehr Lauscher als im Vorjahr für ihre Programme gefunden.
Und so feierte sich Radio Bremen gestern als „Marktführer im Land“, weil man sich bei Radio Bremen Vier nochmals leicht verbessern konnte und auch mit den ersten Medien-Zahlen zu Radio Bremen Eins (rund 63.000 Hörern in der Stunde) gleich einen Achtungserfolg hinlegte.
Zeitgleich bejubelte sich aber auch die Konkurrenz von Radio Wir von Hier als „private Nr. Eins in Bremen“. Die Mitbewerber von Hit-Radio Antenne wollen gleich die „viertgrößte Ra-diostation in Deutschland“ sein während die Kollegen von NDR 1 ganz schlicht als „Nummer eins in Deutschland“ daherkommen. Und alle haben sie Recht damit – irgendwie.
Wie das geht? Jeder nimmt aus den vielen Zahlen-Kolonnen einfach die, die dem Sender am besten in den Kram passen. So rechnet sich Radio Wir von Hier im Land immerhin auf Platz drei der werbetragenden Programme. Bei der Statistik von Radio Bremen dagegen landet der Haussender Radio Bremen Eins auf dem dritten Platz. Hier wurde nur eine andere Kategorie zu Grunde gelegt, „Hörer von montags bis sonntags“.
Trotz aller Interpretationskünste um den dritten Platz im Land hat allerdings kaum jemand mit so vielen Hörern bei der neuen Oldie-Welle des öffentlich-rechtlichen Senders gerechnet. Nach dem katastrophalen Abwärtstrend der Vorgängerprogramme „Hansawelle“ und „Melodie“ in den vergangenen zehn Jahren habe Radio Bremen mit der Zusammenlegung der Programme im Mai einen „sensationellen Erfolg“ hingelegt, bescheinigt CDU-Landeschef und Aufsichtsratmitglied Bernd Neumann dem Sender.
Aber egal wie man zählt, Radio Bremen ist beglückt. „Wir haben deutlich Hörer hinzugewonnen.“ Und das zu Lasten der privaten Konkurrenz. Radio Wir von Hier und Hit-Radio Antenne sollen im Landesgebiet Hörereinbußen von 2,5 und 2 Prozent, im Umland aber hinzugewonnen haben. Bei Radio Bremen Eins habe man es in der Kategorie „Marktanteile“ sogar geschafft, dass mehr HörerInnen länger zuhörten als früher bei „Hansawelle“ und „Melodie“ zusammen. Offenbar habe man mit der Welle genau die Bedürfnisse der 50 bis 60-Jährigen getroffen, fasst Programmleiter Peter Welfers zusammen. Da zeige sich, dass die Privaten mit Musik allein auf Dauer nicht weiter kämen, sondern dass lokale Wortbeiträge wieder gefragt seien.
Und selbst die bisherige Spitzenwelle Bremen Vier konnte noch einen Tick Hörer zulegen: 21,9 Prozent (statt vorher 20,8) schalteten die öffentlich-rechtliche Jugendwelle von Montag bis Sonntag ein. „Das war das zweite breite Grinsen am frühen Morgen“, bekannte Programmdirektor Dirk Hansen. pipe
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