Nachgefragt: Endlich „gedacht“
■ Ran an das Problem Eßstörungen
In Bremen leiden über 3.600 junge Frauen unter Eßstörungen. Andere Städte halten für diese Gruppe seit Jahren Beratungsangebote vor. Bremens Gesundheitssenatorin Tine Wischer (SPD) legte erst jetzt auf Druck ein Hilfskonzept vor. Mehr Prävention, Qualifizierung und Hilfe in staatlichen Erziehungsberatungsstellen ist dabei der derzeit diskutierte Tenor. Wir sprachen darüber mit der Landesfrauenbeauftragten Ulrike Hauffe.
taz: Wieso fehlte so lange ein komplettes Hilfsnetz?
Ulrike Hauffe: Eßstörungen mußten erst als Problem erkannt werden. Bremen hat sich bisher eher mit den harten Süchten – also mit Heroin-, Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit – befaßt. Auch das geschah nur unzureichend geschlechtsspezifisch. Die geschlechtsspezifische Sicht von Süchten habe ich schon vor drei Jahren im Rahmen des Landessuchtberichtes mit dem Landesdrogenbeauftragten diskutiert. Die Senatorin sicherte mir damals zu, daß diese Sichtweise beachtet wird.
Und wie haben Sie die Frauensenatorin in die Pflicht genommen?
Wir haben das Thema mehrfach öffentlich thematisiert und auch immer wieder an sie herangetragen.
Und sie konnte sich nicht gegen die männliche Fachlichkeit im Drogenreferat durchsetzen?
Ich kann und will nicht beurteilen, wieso das Thema intern bislang nicht so durchgeschlagen ist. Es ist ja auch ein nicht so ganz greifbares Feld. Man müßte es im Grunde zu einem gesundheitspolitischen Thema erklären ...
... aber das ist nicht passiert.
Ja. Aber wenn ich den jetzt vorgelegten Behördenbericht richtig interpretiere, ist er ein erster Schritt in diese Richtung. Es wird endlich einmal gesamtkonzeptionell gedacht, präventiv und behandlungsbezogen.
Es gibt bislang keine klare Zusage für offene Beratungsangebote in z.B. Mädchentreffs.
Das stimmt. Aber es wird erstmalig aufgelistet, welche Angebote überhaupt da sind und wie sie ineinandergreifen. Da wird die Senatorin unglaublich viele Defizite erkennen und sagen müssen, was fehlt. Und dann müssen wir sehen, was für dieses brennende Thema in die neue Koalitionsvereinbarung hineingeschrieben wird, denn es müssen MultiplikatorInnen-Schulungen in Schulen, Jugendeinrichtungen und Praxen stattfinden. Fragen: Katja Ubben
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