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■ Nachgefragt„Ampel war besser“

taz: Ihr früherer Senatskollege und Parteifreund Horst-Werner Franke fordert, mit der Auflösung des Bundeslandes Schwung in die Bremer Politik zu bringen (taz vom 11.1.). Was halten Sie davon?

Volker Kröning: Ich freue mich, daß er einen Gedanken ausgesprochen hat, mit dem sich viele herumschleppen.

Auch in ihrer Partei?

Dort sind die Zweifel bei gewissen Funktionären am verbreitetsten. Ich bin fundamental anderer Meinung. Was Franke verkennt, ist, daß wir einen Rechtsanspruch auf Wiederanschluß an den finanzwirtschaftlichen Verbund der anderen Länder haben. Wenn wir den zerreden, werden wir nicht einmal bis 1998 zur Auswertung des Sanierungsprogramms kommen.

Außerdem spricht Franke die Alternative nicht aus, die entstünde, wenn wir vom Status eines Bundeslandes zu dem einer großen und einer kleinen Gemeinde im niedersächsischen Umland wechseln würden. Es ist eine glatte Illusion, daß wir damit unserer finanziellen und ökonomischen Schwierigkeiten enthoben würden. Es ist die Atemlosigkeit eines alten Mannes.

Franke sagt, aus eigener Kraft kann Bremen aus seiner Schuldenkrise nicht herauskommen...

Das ist doch falsch. Bremen hat einen Anspruch darauf, an den finanzwirtschaftlichen Verbund der anderen Länder wieder angekoppelt zu werden – allerdings nicht auf dem Spitzen-, sondern auf dem Schlußplatz. Zugleich oder danach muß es Ziel sein, Bremens rechtlichen Platz bei der Lohnsteuerzerlegung und bei der Einwohnerwertung zu verbessern.

Können Sie das in Bonn durchsetzen?

Das ist eine ganz andere Frage. Wichtig ist aber, ob man entschlossen ist und plant, das zu tun.

Lieber Schlußlicht als abhängig?

Wollen Sie Schleswig-Holstein oder Niedersachsen auch so charakterisieren? Wir Bremer müssen deutlich machen, daß wir uns nicht wie Franke in geistige Selbstisolation begeben, daß wir uns nicht in eine Art förderale Hängematte fallen lassen, sondern, daß wir uns als Ankerplatz der nordwestdeutschen Region betrachten.

Kennen Sie drei Beispiele, in denen Bremen in den letzten drei Jahren überregional eine Vorbildfunktion eingenommen hat?

Die Zeit von bremischen Modellen, die die Finanzen überreizen, ist sicherlich vorbei. Aber die Umstrukturierung der Universität ist ein positives Beispiel. Das radikale Umsteuern der Haushalts- und Verwaltungspolitik seit meiner Zeit hat woanders erste Beachtung gefunden, da muß man nur weitermachen. Und was wir kulturpolitisch gemacht haben, müssen wir nicht in Sack und Asche tun.

Ein Beispiel aus jüngster Zeit ist nicht dabei.

Die Große Koalition hat bisher leider nicht hinreichend dargetan, daß sie ihre Aufgabe entschlossen anpacken wird. Nach der gleichen Zeit war die Bilanz der Ampel-Koalition besser als bei der heutigen.

Fragen: Dirk Asendorpf

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