Nachgefragt: Subjektiv ungefährdet
■ Der Präsident zu PCB im Plenarsaal
Der Bremer Plenarsaal, 1960 entworfen von Wassili Luckhardt, wird vor allem wegen seiner hellen, intimen Atmosphäre gerühmt. Jetzt haben Experten dort PCB entdeckt. Die polychlorierten Biphenyle sollen in der Farbe versteckt sein, mit denen Wände hinter den Präsidiums- und SenatorInnenplätzen gestrichen wurden – sowie die Holzverkleidungen auf den Zuschauertribünen. Erkrankungen der Stoffwechselorgane und des Nervensystems sollen auf PCB zurückzuführen sein. Wir sprachen mit Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz über den PCB-Fund in der Bürgerschaft.
taz: Haben Sie so etwas schon geahnt?
Bürgerschaftspräsident Reinhard Metz: Das PCB wurde durch eine Gruppe entdeckt, die eigentlich auf der Suche nach Asbest war. Deshalb hatte uns das Gesundheitsamt vor einigen Monaten empfohlen, regelmäßig zu lüften, zu entstauben und zu reinigen. Dann könne man mit der PCB-Belastung leben, weil zum Beispiel die Abgeordneten ja ohnehin nicht vier Wochen lang acht Stunden pro Tag im Plenum sitzen.
Wie lüftet man denn die Bürgerschaft, wo sind da Fenster?
Weiß ich nicht. Da, wo man lüftet, lüftet man.
Also haben Sie mehr Reinigungspersonal eingestellt?
Nein, wir reinigen ja ohnehin gründlich. Ein Problem taucht vielmehr dadurch auf, daß wir einen neuen Teppichboden planen, weil der alte schon über 30 Jahre liegt. Jetzt ist herausgekommen, daß es einen Zusammenhang zwischen der PCB-Belastung und dem Teppichboden gibt. Der Teppichboden ist sozusagen im Laufe der Zeit zu einer Sekundärquelle geworden, weil sich da wohl Staubpartikelchen sammeln. Das Hochbauamt hat uns dann geraten: Bevor ihr einen neuen Teppichboden legt, sollte auch das PCB entfernt werden. Sonst würde der neue Teppich wieder zur Sekundärquelle. Wir sind also von Anfang an nicht von einer akuten Gesundheitsgefährdung ausgegangen.
Jetzt fordern Sie, gleich beides zu sanieren: Teppich und PCB-Stellen für rund 1,5 Millionen Mark.
Ich will mich natürlich nicht dem Vorwurf aussetzen, mehr Geld auszugeben, als es nötig ist. Auf der anderen Seite: Wenn wir nicht sanieren und dadurch doch irgendwie in gesundheitsgefährdende Nähe kommen – was ich nicht glaube, aber was ich auch nicht ausschließen kann – dann finde ich die Sanierung nötig. Für den Teppich ist ja schon Geld da, nur für das PCB nicht.
Können die Fraktionen denn nicht etwas zuschießen?
Im Moment prüfen wir mithilfe des Finanzsenators, ob es für solche Fälle Töpfe im Bremer Haushalt gibt. Ich bin dafür, daß wir die Sache anpacken. Denn das blockiert einen ja völlig. Ich persönlich fühle mich nicht gesundheitsgefährdet, aber das ist doch eine Frage der subjektiven Befindlichkeit, wenn man die Belastung nicht richtig verifizieren kann. Fragen: Katja Ubben
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen