Nachgefragt: Persischer Basar
■ Zoll handelt mit Schmuggelware
Als einziges Bundesland bringt Bremen auf Anweisung der Staatsanwaltschaft Schmuggelzigaretten in den Handel gegen eine Weisung des Bundesfinanzministers. Bremen verdient damit Millionen. Hamburg
schreddert die Ware, aber außer Rauschgift und Waffen wird alles andere „wieder in den Verkehr gebracht“. Günther Losse von der Zollpressestelle Hamburg klärt auf.
taz: Der Bremer Zoll verkauft Schmuggelzigaretten für den Export ins Ausland, wie gehen Sie mit Schmuggelware um?
Günther Losse: Die Bremer tanzen aus der Reihe. Grundsätzlich schreddern oder verbrennen wir, wie fast alle anderen Dienststellen, unsere Schmuggelzigaretten. In jedem Fall muß die jeweilige Staatsanwaltschaft nach Abschluß des Verfahrens sagen, was mit der Ware passieren soll.
Warum verzichten Sie auf eine lukrative Nebeneinnahme?
Wir haben kaum Käufer für unsere Zigretten gefunden, auch nicht bei Schiffsausrüstern. Unsere angebotenen Mengen waren zu klein.
Außerdem: wenn bei uns ein Verfahren abgeschlossen ist, sind die Zigaretten meist vergammelt und ungenießbar.
Heißt das, daß die Bremer schneller ermitteln, um das Verfallsdatum nicht zu überschreiten.
Das kann schon sein. Wir haben allerdings im Hafen Zigaretten beschlagnahmt, die schon mal auf diese Weise von einer Zollstelle in den Verkehr gebracht worden war. Auch deshalb hat die Hamburgische Staatsanwaltschaft gesagt, es kommt nicht in Frage, daß Zigaretten wiederverwendet werden.
Waren das Zigaretten vom Bremer Zoll?
Nein, das ist schon etwas länger her. Die Ware stammte aus einem ostdeutschen Zollamt.
Was für Mengen könnten denn auf dem Bremer Weg dem Wirtschaftkreislauf zugeführt werden?
Mit acht Mio. beschlagnahmten Zigaretten im letzten Jahr in Hamburg haben wir fast keine wirtschaftlich relevante Menge. Für dieses Jahr sieht es allerdings schon erfreulicher aus. In Ostdeutschland hat man mit 50 bis 60 Mio. Stück schon zuviel, da findet man keine Abnehmer für. Nach der Beschlagnahme der beiden Container im letzten Jahr sind die Bremer glücklich. Sie liegen gerade richtig in der Mitte.
Warum schwanken die vom Zoll beschlagnahmten Mengen in Norddeutschland?
Die Schmuggelwege verlagern sich ständig.
Könnte man auch andere beschlagnahmte Waren in den Handel bringen?
Grundsätzlich verwerten wir alles außer Rauschgift und Waffen, weil wir natürlich Geld in der Staatskasse haben wollen. Es ist doch überlegenswert, ob man am Verkauf verdient oder für die Vernichtung zahlt.
Wie bieten Sie denn Ihre heiße Ware an, geben Sie an Bedürftige billig Restposten Alkohol ab?
Wir veranstalten öffentliche Versteigerungen. Oder wir gehen direkt in die Händlerkreise, wir sagen, wir haben da eine Partie Orientteppiche und wollen soundso viel Geld dafür, was legt ihr auf den Tisch? Das geht ab wie auf einem persischen Basar. Interview:
Thomas Schumacher
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen