Nachgefragt: „Keine Scheinwelt“
■ Ein Ocean-Park Gegner berichtet
Der Landschaftsarchitekt Dr. Jürgen Milchert will per Bürgerentscheid gegen den Ocean-Park kämpfen. Milchert war sieben Jahre Leiter des Gartenbauamtes in Bremerhaven und ist jetzt Professor für Landschaftsarchitektur an der Fachhochschule in Osnabrück.
taz: Herr Milchert, was haben Sie gegen den Ocean-Park?
Ich bin prinzipiell dagegen, daß man mitten in der Stadt eine Scheinwelt aufbaut, also einen privaten Vergnügungspark aus Disney-Land und Las Vegas.
Diese Scheinwelten ziehen andernorts Millionen Besucher an. Schon deshalb sind sie nicht privat.
Ich würde nie in so einen Park gehen...
Aber andere Leute vielleicht.
Es ist aber ein Unterschied, ob man diese Parks in Gewerbegebiete baut oder mitten in der Stadt. Hier soll in dem schönsten Gebiet Bremerhavens, also zwischen dem Deich und der Innenstadt, so ein Park entstehen.
Was nützt einer Stadt ein schönes Gebiet, wenn sie kein Geld damit verdienen kann? Das Gebiet ist nicht tot. Wenn Sie sehen, daß die Leute ihren Deichspaziergang machen...
Ein Deichspaziergang macht die Bremerhavener nicht satt. Die Stadt hat eine Arbeitslosenquote von 20,7 Prozent. Der Park soll Arbeitsplätze bringen. Der Deich ist das wichtigste Identifikationsobjekt, das wir haben.
Schön, das schafft aber immer noch keine Arbeitsplätze.
Die Bremerhavener werden auch nicht satt, wenn für 1,5 Milliarden Mark, von denen die öffentliche Hand rund 1 Milliarde Mark übernimmt, knapp 950 Arbeitsplätze geschaffen werden. Das heißt, für einen neuen Arbeitsplatz gibt der Steuerzahler rund eine Mio. Mark aus! Wenn man die ganze Infra-Struktur berechnet, kommen auf die Bürger dieser Stadt noch einmal 150 Mio. Mark hinzu.
Rund fünf Millionen TouristInnen zieht es jährlich in den Landkreis Cuxhaven. Wenn die in den Ocean-Park gehen, zahlt sich der Park aus, so rechnen jedenfalls die Befürworter.
Daß die Geschäftswelt belebt wird, halte ich für illusorisch. Das Konzept ist darauf ausgelegt, daß sich die Besucher innerhalb des Parks aufhalten und dort ihr Geld ausgeben. Außerdem würden rund 7.000 bis 10.000 Autos täglich nach Bremerhaven kommen. Das wären rund 200.000 bis 300.000 Liter verbrannten Benzins, die die Umwelt verkraften müßte.
Haben Sie eine bessere Idee?
Es gibt einen Plan zum Zooausbau, der durch den Ocean-Park blockiert wird. Der Ausbau des Schiffahrtsmuseum ist fast fertig. Die alte Schleuse für Freizeitkapitäne muß wieder aufgemacht werden. Das Gelände muß eine Chance zur Entwicklung bekommen. Jetzt setzen die Politiker alles auf eine Karte und wägen nicht mehr ab. Wenn das schief geht, bedeutet das den Ruin für Bremerhaven.
Fragen: Kerstin Schneider
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