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NachgefragtSchi(f)ffahrt?

■ Niedersachsen knickt ein, Bremen will die Rechtschreibreform beibehalten

Die niedersächsische Landesregierung will die Rechtschreibreform nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg vorerst aussetzen. Andererseits hat gestern das OVG Hamburg entschieden, daß der vorzeitige Start der neuen Schreibweise rechtmäßig ist. Die taz sprach mit der Sprecherin der Bildungsbehörde, Erika Huxhold, darüber, ob vor allem die Entscheidung des Nachbarlandes Niedersachsen an der Bremer Haltung etwas ändert.

taz: Wie will Bremen auf die Entscheidungen Niedersachsens und des Oberverwaltungsgerichts Hamburg reagieren?

Erika Huxhold, Sprecherin der Bildungsbehörde: Bremen bleibt bei seiner Linie: Wir behalten die vorläufige Einführung bei. Zudem gibt es jetzt mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg insgesamt vier Zweitinstanzen, die die Einführung für rechtmäßig erklären. Wir sehen uns darum jetzt nicht genötigt zu handeln. Es wird aber voraussichtlich eine einvernehmliche Regelung geben, auf die sich die Kultusminister auf ihrer Konferenz am Freitag einigen wollen.

Könnte damit die Einführung der neuen Rechtschreibung in Bremen doch noch wieder ausgesetzt werde?

Ich kann das nicht ausschließen. Es ist wichtig, zu einer einvernehmlichen Regelung zu kommen. Daß am Ziel der Reform festgehalten wird, darüber gibt es meiner Meinung nach aber keinen Zweifel. Die Kultusminister wollen die Reform, auch die Innenminister haben zugestimmt. Sie wird zum 1.8.1998 kommen. Jetzt geht es nur um die Regelung zur vorzeitigen Einführung.

Riskiert Bremen mit dieser Haltung nicht, auf Kosten der Schüler alles wieder rückgängig machen zu müssen, wenn das Bundesverfassungsgericht den Reformbeschluß für rechtswidrig erklärt?

Der Beschluß der Kultusminister ist auf rechtsstaatliche Weise zustande gekommen. Abgesehen davon urteilt das Bundesverfassungsgericht nicht über die Reform, sondern über das Verfahren. Sollte dieses abgelehnt werden, kann die Reform immer noch über ein Gesetzesverfahren eingebracht werden. Die Verunsicherung entsteht zur Zeit dadurch, daß Eltern über Einzelfallregelungen Sand ins Getriebe streuen. Die Schulen haben Informationen und Regelungen erhalten, es hat für die Lehrer Fortbildungen gegeben, die weitergeführt werden, und die Schulbuchverlage haben sich umgestellt. Darum wird man sich – falls das Bundesverfassungsgericht den Beschluß der Kultusminister aufhebt – bundeseinheitlich einigen und die Rechtschreibreform per Gesetzgebungsverfahren einführen.

Wäre es aber nicht leichter, jetzt alles beim Alten zu lassen und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten?

Das wäre wieder ein Rückschritt. Abgesehen davon gelten sowohl die alte als auch die neue Rechtschreibung und werden jeweils nicht als Fehler gewertet. Und: Das Bundesverfassungsgericht beschäftigt sich nicht inhaltlich mit der Reform. Darum kann es schon jetzt nur sinnvoll sein, die Kinder bereits mit der neuen Rechtschreibung vertraut zu machen. Fragen: Jeti

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