Nachgefragt: „Art von Diktatur“
■ E. Gebhardt zu Arbeitnehmerkammern
Die Arbeitnehmerkammern in Bremen seien „ein extrem diktatorisches Instrument“, das jeder bezahlen müsse – ohne Einfluß darauf nehmen zu können. Das ist jedenfalls die Meinung von Erwin Gebhardt. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Betriebszugehöriger. Nach Veröffentlichung der neuesten Bilanz der Kammer wollen einige Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft jetzt gegen die Zwangsmitgliedschaft in der Kammer klagen. Wie berichtet, hat die Angestelltenkammer, in der jedeR Angestellte Bremens Zwangsmitglied ist, Schulden von 13 Millionen Mark.
taz: Herr Gebhardt, was haben Sie gegen die Arbeitnehmerkammern?
Eigentlich nichts. Nur gegen die Zwangsmitgliedschaft haben wir etwas.
Die Angestelltenkammer berät das Parlament, wenn Gesetze erlassen werden sollen, die die Arbeitnehmer betreffen.
Das ist eine Freundlichkeit. Die Kammern haben aber keinen weitergehenden Einfluß. Andere Bundesländer kommen auch ohne Kammern aus.
Nicht alle Arbeitnehmer sind gewerkschaftlich organisiert. Bei den Kammern kann man sich rechtlich beraten lassen.
Das können sie woanders auch, bei der Anwaltskammer oder anderen Beratungsstellen können sie sich teilweise für 20 Mark beraten lassen.
Die Angestelltenkammer bietet 1.200 Kurse im Jahr an.
Genau dieses Angebot ärgert uns am meisten. Im Hintergrund sind die Angebote nichts weiter als eine Werbekampagne für Gewerkschaften. Es werden immer Tendenzen propagiert, die auch Gewerkschaftsinteressen sind. Auch das Kursangebot ist ideologisch unterfüttert.
Wenn ich den Kurs „Erleuchtung am Wochenende“ belege, soll ich doch wohl lernen, mich zu entspannen.
Das gilt nicht für alle Kurse. Aber Kurse zu Arbeitsrecht oder Diskussionsführung sind immer darauf angelegt, gewerkschaftspolitisches Gedankengut zu verbreiten.
Das muß nicht schlecht sein.
Aber wird von allen bezahlt.
Die Angestelltenkammer bildet auch zur Bilanzbuchhalterin oder Chef-Assistentin aus.
Diese teuren Kurse werden von allen Beschäftigten im Land Bremen bezahlt. Wenn die Kammer so ein gutes Angebot hat, warum muß sie sich dann über Zwangsbeiträge finanzieren, anstatt ihre Leistungen selbst zu verkaufen? Die Kammer schöpft enorme Gewinne aus den Kursen. Das ist eine reine Geschäftsidee, die mit den Zwangsbeiträgen der Mitglieder finanziert wird. Fragen: K. Schneider
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