Nachgefragt: "Protest, ohne Gewalt"
■ Video über Straßenbahn-Unruhen 1968 machte ersten Preis im Schülewettbewerb
Vergangene Woche haben vier Schülerinnen aus Bremen den ersten Preis beim bundesweiten Schülerwettbewerb gewonnen (wir berichten). Unter dem Motto „Aufbegehren, Handeln, Verändern – Protest in der Geschichte“ haben Sandra Starke, Imke Maus, Frauke Hoffmann und Lili Chen ein Video gedreht. Ihr Thema: die Straßenbahn-Unruhen in Bremen 1968. Die taz sprach mit den Schülerinnen vom Schulzentrum Findorff über den Sinn von Protest.
taz: Wie kamt ihr auf die Straßenbahn-Unruhen?
Sandra Starke: Durch meine Mutter. Sie hat zwar selbst nicht mit demonstriert, war aber in Bremen. Allerdings hat sich schnell rausgestellt, dass sie Vieles falsch in Erinnerung hatte. Zum Beispiel hat sie erzählt, dass die Leute damals Straßenbahnwaggons umgestoßen hätten. Das stimmte aber gar nicht.
Was hat euch an den Protesten am meisten erstaunt?
Imke Maus: Ich war überrascht, dass die Polizei damals so brutal auf die Demonstranten losgegangen ist.
Sandra: Ja, das stimmt. Obwohl ich glaube, dass so eine Demonstration heute viel brutaler ausgehen würde als damals. Erstaunlich war aber vor allem, dass so viele Menschen auf die Straße gegangen sind. Aus 200 Demonstranten wurden am Ende über 12.000. Der Senat hatte damit gar nicht gerechnet. Der war total naiv und hat geglaubt, die Demonstranten würden sich einschüchtern lassen und schon wieder nach Hause gehen.
Ist Gewalt bei Protesten gerechtfertigt?
Sandra: Nein, auf gar keinen Fall. Wenn man demonstrieren will, dann sollte man das mit Worten tun. Das reicht vollkommen aus.
Lili Chen: Ja, das sehe ich auch so. Gewalt führt zu nichts. Es gibt keinen Grund, jemanden anzugreifen. Gewalt lehne ich ab.
Habt ihr selbst auch an Demonstrationen teilgenommen?
Sandra: Ja, letztes Jahr war ich bei den Schüler-Demos dabei. Allerdings hat der Protest nichts gebracht, im Gegensatz zu den Straßenbahn-Unruhen 1968. Denn mehr Lehrer haben wir heute auch nicht.
Dann hat sich der Protest in dem Fall also nicht gelohnt?
Sandra: Doch, Protest lohnt sich immer. Man sollte aber gut informiert sein, wenn man schon auf die Straße geht und wissen, wofür man überhaupt eintritt. Viele laufen einfach so mit, egal um was es da geht. Hauptsache demonstrieren. Das finde ich aber falsch. Denn wenn man nicht genau weiß, um was es geht, dann hat man auch keine Argumente.
Fragen: Nathalie Sanders
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