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NachgefragtNotbremse bei FDP?

■ Peter Braun rechnet mit Rücktritt des hessischen Ministerpräsidenten Koch

Peter Braun war Bremer Landesvorsitzender und Mitglied im Bundesvorstand der FDP. Die taz hat ihn nach der Zukunft der Koalition in Hessen gefragt.

taz : Herr Braun, kann die hessische FDP die Koalition mit der CDU fortsetzen?

Peter Braun: Jemand, der wissentlich einen falschen Rechenschaftsbericht unterschreibt, ist für mich als Ministerpräsident untragbar. Wenn es so gewesen ist, muss Koch zurücktreten. Wenn die CDU dann einen respektablen neuen Kandidaten präsentiert, sehe ich keinen Grund, dass die Koalition in Probleme kommen muss.

Wenn Koch nicht freiwillig zurücktritt, muss die FDP dann nachhelfen?

Wenn Koch keine Konsequenzen zieht, müsste die FDP die Notbremse ziehen.

Warum halten die hessischen Liberalen bisher an der Regierung fest?

Wir haben ja in Bremen auch schon mal erlebt, dass wir konsequent geblieben und aus einer Koalition ausgeschieden sind. Das ist ein ganz schwieriger Vorgang, der auch parteiintern ausführlich erörtert werden muss. Wir haben ja in Deutschland gerade bitter erfahren, wie das ist, wenn in einer Partei nur einer entscheidet. Insofern würde ich meinen hessischen Parteifreunden die Zeit geben, zu beobachten, wie Koch sich entscheidet um dann selbst zu einem Ergebnis zu kommen.

Haben die hessischen Kollegen Angst, genauso in der Versenkung zu verschwinden wie die Bremer FDP nach dem Ende der Ampel-Koalition ?

Oftmals werden die nicht gerade belobigt, die konsequent agieren, und als solche haben wir uns damals empfunden. Aber das ist jetzt stochern im Nebel. Ich gehe davon aus, dass Herr Koch durch die Medien derartig unter Druck geraten wird, dass er selbst die Konsequenz ziehen muss.

Kann es angehen, dass immer erst auf Druck durch die Medien gehandelt wird? Müsste hier nicht eine moralische Grenze respektiert werden?

Das muss jeder mit sich selbst klar machen. Die einen haben eine entsprechende moralische Messlatte und bei den anderen ist sie vielleicht etwas niedriger. Wenn jemand wissentlich einen falschen Rechenschaftsbericht unterschreibt ist es für mich in der Tat zwingend, dass er zurücktritt. Das ist nicht nur eine Frage der Moral, sondern auch des Rechtsbewusstseins.

Hätten die hessischen Liberalen – anders als die Bremer beim Ampel-Bruch – nicht auch die Möglichkeit, sich durch eine klare Distanzierung positiv zu profilieren?

Da bin ich mir nicht so sicher. Natürlich müssen wir als politische Partei auf die Wähler achten, aber auf der anderen Seite haben wir den Anspruch, Rechtsstaatspartei zu sein. Und vor diesem Hintergrund muss man dann auch die entsprechenden Maßnahmen treffen. Aber erstmal ist jetzt Herr Koch am Zuge. Er hat das Wort Glaubwürdigkeit so sehr strapaziert, dass er es jetzt auch für sich gelten lassen muss. not

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