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Nachfrage nach BetreuungsgeldKeinen Bock auf Herdprämie

Eltern bleiben nicht zu Hause: Das Betreuungsgeld vom Bund ist weit weniger beliebt, als gedacht. Einen Kita-Platz finden offenbar viele – die Klagen bleiben bisher aus.

Den Schnuller ihrer Kinder hängen Eltern lieber in der Kita auf als zu Haus. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa | Die Nachfrage nach dem umstrittenen Betreuungsgeld ist bislang geringer als erwartet: 2013 habe der Bund dafür knapp 16,9 Millionen Euro ausgegeben, heißt es in einer Antwort des Bundesfamilienministeriums auf eine schriftliche Nachfrage der Linksfraktion. Der Bund hatte insgesamt 55 Millionen Euro für das Betreuungsgeld bereitgestellt.

Im Haushaltsentwurf 2013 war der Bund sogar noch von 300 Millionen Euro für das Betreuungsgeld ausgegangen. Mit Blick auf die weitaus geringere Nachfrage erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Diana Golze, das Betreuungsgeld sei „ein familien- und bildungspolitischer Irrweg“. Große Summen würden für das Betreuungsgeld zurückgestellt und fehlten damit für den Kitaausbau.

Nach Ansicht der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, zeigt sich nun, „wie unsinnig das Betreuungsgeld ist, das nur als Wahlkampfgeschenk für die CSU durchgedrückt wurde“. Das Betreuungsgeld sei ein „Ladenhüter“, der an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbeigehe.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) sagte den in Dortmund erscheinenden Ruhr Nachrichten vom Samstag, ihr Ministerium werde das Betreuungsgeld wie alle anderen Familienleistungen von Wissenschaftlern evaluieren lassen.

Das Betreuungsgeld war im vergangenen August eingeführt worden. Mit der Familienleistung sollen Eltern unterstützt werden, die ihre Kleinkinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres nicht bei einer öffentlich bezuschussten Kita oder Tagesmutter betreuen lassen. Seit 1. August 2013 werden zunächst 100 Euro für Kinder im zweiten Lebensjahr gezahlt. Ab dem 1. August 2014 steigt das Betreuungsgeld dann auf 150 Euro, Anspruch haben dann auch Eltern mit Kindern im dritten Lebensjahr.

Fünf Kita-Klagen in NRW

Auch ein halbes Jahr nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz für Kleinkinder hält sich die Zahl der Klagen in Grenzen. Wie eine Länderumfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab, zogen Eltern bislang nur vereinzelt vor Gericht – so sind beispielsweise in Nordrhein-Westfalen fünf Verfahren offen, in Niedersachsen zwei. Vielen Ländern, darunter Rheinland-Pfalz oder den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg, sind gar keine Klagen bekannt.

Seit dem 1. August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz für ihre ein- und zweijährigen Kinder. Aufgrund des hohen Bedarfs in manchen Städten und Kreisen war mit zahlreichen Klagen gerechnet worden.

Die zuständigen Ministerien in den Bundesländern sind grundsätzlich zufrieden mit dem Ausbau. Nur in manchen Gegenden müsse noch nachgesteuert werden, heißt es. So sieht beispielsweise das bayerische Familienministerium in Ballungsgebieten noch vereinzelt „Nachholbedarf“.

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5 Kommentare

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  • S
    Sören

    Das Betreuungsgeld war von Anfang an eine Schnapsidee der CSU und von Ex-Ministerin Schröder. Das Geld hat keinen Sinn und Zweck, außer die Ideologie von rechtskonservativen Kreisen zu befriedigen. Es ist eben auch keine Belohnung dafür, ein Kind zu betreuuen, sondern nur dafür, es nicht in eine KiTa zu geben.

     

    Ob das Kind dann von der Mutter, der Oma oder einer Nanny betreut wird, ist für die Auszahlung egal. Es ist pure Augenwischerei und Ideologie, aber ohne sachlichen Hintergrund. Der Staat muss seine knappen Mittel vernünftig ausgeben, das Betreuungsgeld ist falsch ausgegebenes Steuergeld.

     

    Die 1950er scheinen eine idyllische Zeit gewesen zu sein, aber die damalige Gesellschaft existiert nicht mehr. Frauen wollen ihre (guten) beruflichen Qualifikationen nicht aufgeben, und für einige Jahre aus dem Beruf aussteigen geht in der Form nicht mehr. Der Wiedereinstieg dauert lange und ist mühselig. Mit Blick auf die Veränderungen bei der Rente und dem Unterhaltsrecht geraten Frauen hier in eine schlimme Falle, bei der die (Alters-)armut vorprogrammiert ist.

  • G
    Gast

    Bei der Hetze gegen das Betreuungsgeld, wurde ja jedem eingebläut, dass man total konservativ und unmodern ist, wenn man sich auf so was einlässt.

  • F
    Familienmensch

    "Herdprämie" ist ein diskriminierender Begriff für die Eltern, die für ihre Kinder und ihre Familie sorgen möchten und die Kinder nicht in Verwahranstalten stecken wollen. Kindererziehung zu Hause und Familienleben beschränkt sich nicht darauf, am Herd zu stehen wie die Mutti, die es auch in den 1950er Jahren nicht gegeben hat. Zuwendung, dasein für die Kinder, die man selbst gewollt hat, weil man eine Familie wolte, das ist der Sinn. ih bin meiner eigenen Mutter übeaus dankbar, dass sie mich und meine drei Geschwister nicht abgegeben hat an fremde Menschen, sondern dass wir gemeinsam mit den ebenso behüteten Nachbarkindern aufwachsen konnten.

    • M
      Mensch
      @Familienmensch:

      "Verwahranstalt" ist ein ebenso diskriminierender Begriff für Einrichtungen, in denen qualifiziertes und engagertes Personal Kinder die Erfahrung ermöglicht, mit anderen, unterschiedlichen Kindern zusammenzukommen. Und dass es in den 50ern keine Mutti am Herd gab, sprich dieses Frauenbild damals schon gesllschaftlich überholt war, das glauben Sie hoffentlich selbst nicht.

  • Na, das mit dem Bildungs- und Teilhabegeld hat ja auch lange gedauert, bis es beantragt wurde. Die FDP drohte da ja sogar, den Eltern den Regelsatz zu kürzen, die das Bildungs- und Teilhabegeld nicht beantragen...

     

    Und nun ist es zumindest bei uns so, dass sie mit der Bearbeitung der Anträge nicht hinterher kommen und nun auch viele Ablehnungen für Rechnungen zur Teilhabe schicken, die eigentlich anerkannt sind und auch bisher im Rahmen der monatlichen 10 €, also max. 120 € jährlich, übernommen wurden...