Nachbereitung des Falls Amri: Krank, aber zum Marathon
Bericht über Nachbereitung des Anschlags auf dem Weihnachtsmarkt weiter unter Verschluss. Ex-Staatssekretär meldet sich als Zeuge krank.
Dem Amri-Untersuchungsausschuss schickte Ex-Innenstaatssekretär Bernd Krömer (CDU) am Freitag eine Krankschreibung. Am Sonntag aber startete er beim Berlin-Marathon. Mit 4:37 Stunden blieb der 61-Jährige sechs Minuten hinter dem innenpolitischen Sprecher der Grünen, Benedikt Lux. Vor Krömers sportlichem Ehrgeiz habe er Hochachtung, sagte der 35-jährige Lux zur taz, das mit der Krankschreibung sei aber „unanständig“.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss ist mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz befasst. In seiner Eigenschaft als früherer Innenstaatssekretär sollte Krömer dort am Freitag als Zeuge befragt werden. Innensenator Andreas Geisel (SPD) bezeichnete die zeitliche Nähe zwischen Krankschreibung und Marathon am Montag gegenüber der taz als überraschend. „Dem muss nachgegangen werden.“ Er gehe davon aus, dass der Ausschussvorsitzende Burkard Dregger das Notwendige veranlassen werde, so der Innensenator.
Dregger, wie Krömer in der CDU, zur taz: „Wir haben keine Handhabe, das zu sanktionieren.“ Krömer habe ein Attest geschickt. Aber er werde wieder geladen – „er wird uns nicht entkommen“. Die B.Z. zitierte Krömer: „Mein Arzt hat mir empfohlen, Sport zu machen, weil der für viele Dinge heilsam ist.“
Auch im Innenausschuss ging es am Montag einmal mehr um das Attentat. Ein polizeiinterner Bericht, in dem der Großeinsatz nachbereitet worden ist, sorgte für Aufregung. Details waren kürzlich durchgesickert. So soll der Einsatzleiter verspätet Verstärkung angefordert haben und keine einheitliche Führung erkennbar gewesen sein. Erst nach über drei Stunden sei die bei Terroranschlägen vorgesehene Großfahndung eingeleitet worden.
Die Analyse liegt dem Polizeipräsidenten bereits seit Ende April vor. Die Opposition wertet das so, dass der Bericht geheimgehalten wird. Geisel wies das zurück. Es handele sich um einen laufenden Vorgang. Erst wenn eine abschließende Bewertung erfolgt und es sich nicht um sicherheitsrelevante Details handele, werde man den Bericht öffentlich machen. Das werde wohl Ende Oktober der Fall sein.
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