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berliner szenenNach der Mittags­pause

Im Handumdrehen bringt die Verkäuferin den Mantel in der passenden Größe. Der Kollege sortiert Brieftaschen in der Auslage, den Mantel wickelt er sehr geschickt in dünnes Packpapier ein. Der Kunde kann eine Bauwolltasche mit Logo erwerben oder den Mantel so mitnehmen.

Vor dem Geschäft in der Mulackstraße sitzt ein Mann und tut nichts. Ein paar Schritte weiter empfängt der Restaurantmitarbeiter den Gast mit den Worten: Was kann ich für dich tun, mein Bester? Vor 20 Jahren kellnerte der Restaurantbesitzer in einem Café, dann machte er sich selbstständig, erst mit einem winzigen Laden in der Gipsstraße, dann mit einem viel größeren. Heute ist er berühmt, und das Geschäft läuft bestens. Die Arbeitsabläufe wurden bis ins Detail taylorisiert, sogar das Essen schmeckt.

In der Torstraße hat der Schneider die Mittagspause beendet. Seine Frau arbeitet im hinteren Teil des Ladens an der Nähmaschine. Auf dem Ladentisch liegt eine sehr große Schere. Mit so einer werden dem Konrad im Struwwelpeter beide Daumen abgeschnitten („Ohne Daumen steht er dort, die sind alle beide fort“). Die Schere hat er auf dem Flohmarkt gekauft, sie ist sein liebstes Werkzeug, sagt der Schneider.

Im Hotelzimmer in der Rosenthaler geht die Regisseurin mit den Schauspielern inzwischen den Text durch. Die Nebendarstellerin möchte genau wissen, wo später auf dem Set die Tür ist. Die Regisseurin überlegt. Lassen wir die Tür weg, sagt sie. Die Nebendarstellerin ist irritiert. Dafür ist der Darsteller des Bösewichts in Bestform. Er knirscht mit den Zähnen, zerreißt beim Umblättern fast das Skript. Man kann direkt Angst bekommen. Nachher in der Bar ist er friedlich wie ein Lamm. Aber an Durscht hat er. Das Bier dauert genau drei Minuten. Der Schauspieler säuft es in zwei.

Sascha Josuweit

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