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Nach der Hinrichtung ist Schluß

■ Die Brieffreundschaft einer Hamburgerin mit einem Todeskandidaten in USA Von Hakeem Jimo

Die vielen Briefe stapeln sich mittlerweile auf Maren Kruskopfs Schreibtisch. Kein Wunder, mehrmals pro Woche erhält die Hamburgerin Post aus Amerika. Der Absender ist stets derselbe: Farley C. Matchett, Huntsville, Ellis One Unit, Texas, USA. Eine gewöhnliche Brieffreundschaft quer über den Atlantik ist es dennoch nicht: Matchett sitzt im Todestrakt und wartet seit fünf Jahren auf seine Hinrichtung.

Über das Urgent Project von amnesty international (ai) entstand der Kontakt zwischen der 31jährigen und dem Todeskandidaten. „Vor zehn Jahren habe ich an einem Infostand von amnesty davon erfahren“, erzählt die Taxifahrerin, „seitdem arbeite ich ehrenamtlich mit.“ Die Menschenrechtsorganisation kämpft weltweit für die Ächtung der Todesstrafe, eine direkten Verbindung zu den Verurteilten unterhält sie jedoch nicht: „Das könnte zu unerfüllbaren Hoffnungen bei den Gefangenen führen“,

Die Hamburgerin kennt den 33jährigen Schwarzen und seine Lebensgeschichte nur aus dessen Briefen. Laut Urteilsbegründung soll Matchett einen Mann erstochen haben. „Ich glaube an seine Unschuld“, sagt Kruskopf und beklagt, daß einige Indizien während des Prozesses falsch ausgelegt oder sogar ignoriert worden seien. Sobald es Maren Kruskopf möglich ist, möchte sie ihren Schützling persönlich kennenlernen oder ihn „wenigstens einmal durch das dicke Panzerglas anschauen“.

Die Insassen im Todestrakt müssen sich über das Urgent Project um einen Briefkontakt bewerben. Für einen Gefangenen sei dies oftmals die einzige Verbindung zur Außenwelt. „Man kann sie doch nicht alleine lassen“, sagt die engagierte Hamburgerin, die anfänglich verwundert über Matchett war. „Farley hatte von mir verlangt, daß er mein einziger Brieffreund im Gefängnis ist.“ Rivalitäten könnten aufkommen, sollten Mitgefangene über Umwege von den Ängsten und Schwächen der anderen Delinquenten erfahren, zeigte sich Matchett auch gegenüber Kruskopf als sehr mißtrauisch.

Wann Matchett mit einer Giftinjektion getötet wird, steht noch nicht fest. Manch Gefangener sitzt bis zu 20 Jahre im Todestrakt, Matchett seit 1991. „Gerade diese Ungewißheit ist so quälend“, offenbart Kruskopf, „ich versuche aber, diesen Teil des Lebens von meinem zu trennen, sonst würde ich mich zu sehr vereinnahmen lassen.“

Dennoch ist sie häufiger mit ihren Gedanken bei Matchett, als sie sich selber zugestehen will. „All dies belastet mich doch sehr, und es ist von vorneherein klar, daß der Kontakt irgendwann zu Ende sein wird.“ Nach der Hinrichtung ist Schluß, eine andere Zukunft gibt es nicht, es sei denn Matchetts Verfahren würde wieder aufgerollt.

Jeden Mittwoch entscheidet ein Ausschuß, welche Fälle noch einmal vor Gericht kommen. An diesem Tag sind alle im Gefängnis besonders angespannt, berichtet Matchett. Enttäuschungen spiegeln sich auch in den Briefen wider, sagt Kruskopf. Sie leidet immer mit und oft auch darunter, daß die Briefeschreiber außerhalb der Gefängnisse häufig mit ihren Problemen unverstanden sind.

Eine Selbsthilfegruppe wünscht sich Kruskopf, um mit Mißverständnissen und psychischen Konflikten besser umgehen zu können. Sie würde gerne in Hamburg eine solche Gruppe gründen – damit sie nicht alleine bleibt.

Wie die im Todestrakt.

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