Nach dem historischen Wahlsieg: Obamania in den USA

Barack Obama hat's geschafft. Als erster Afroamerikaner wird er US-Präsident. In Chicago versprach er vor 125.000 Anhängern, das Land aus der Krise zu holen. Sein Sieg wurde international begrüßt.

Das neue "first couple" der USA bei seinem Auftritt in Chicago Bild: dpa

WASHINGTON/CHICAGO/BERLIN afp/dpa/ap/taz Barack Obama wird der erste Afroamerikaner im höchsten Amt der Vereinigten Staaten von Amerika. Der 47-Jährige Demokrat konnte sich bei der Wahl am Dienstag in einem Erdrutschsieg gegen den Republikaner John McCain durchsetzen.

Entscheidend für den Triumph des Demokraten war, dass er mehrere der heiß umkämpften "Schlüsselstaaten" wie Florida, Ohio, Pennsylvania und Virginia für sich gewinnen konnte. Gegenüber der taz sagte der schwarze Kongressabgeordnete Danny K. Davis: "Diese Nacht ist die Erfüllung von Träumen, die schon tot waren. Dieser Erfolg ist errungen mit dem Blut von Generationen schwarzer Sklaven."

McCain hat seine Niederlage eingestanden und Obama telefonisch gratuliert. Er forderte in einer Rede in Phoenix im Bundesstaat Arizona seine enttäuschten Anhänger auf, dem künftigen Präsidenten dabei zu helfen, "Differenzen zu überbrücken" und "notwendige Kompromisse" zu schließen. Auch der scheidende Präsident George W. Bush beglückwünschte seinen Nachfolger per Telefon und lud ihn ein, so schnell wie möglich das Weisse Haus zu besuchen.

"Der Wandel ist nach Amerika gekommen", rief Barack Obama den 125.000 Menschen zu, die sich in seiner Heimatstadt Chicago im Grant Central Park versammelt hatten, um seinen Sieg zu feiern. Die Wahl habe bewiesen, dass es die Vereinigten Staaten von Amerika gebe, über alle sozialen und ethnischen Grenzen hinweg.

Obama erinnerte an die Zeit, in der schwarzen US-Bürgern das Stimmrecht verweigert wurde, er erinnerte an Martin Luther King und die Bürgerrechtsbewegung. "Ich war nie der wahrscheinlichste Kandidat für dieses Amt", sagte er. "Wenn aber immer noch jemand daran zweifelt, dass in Amerika alles möglich ist, dass die Träume unserer Gründer noch heute leben, dass unsere Demokratie Kraft hat - der hat heute nacht die Antwort bekommen."

"Ich werde immer aufrichtig zu Euch sein", versprach Obama seinen Anhängern. Er rief die Amerikaner zur Zusammenarbeit auf und appellierte auch an jene Amerikaner, die ihn nicht gewählt hatten, ihn nun zu unterstützen. "Ich brauche Eure Hilfe, und ich werde auch Euer Präsident sein."

Zur Rolle der USA betonte Obama, die Stärke des Landes beruhe nicht auf seinen Muskeln, sondern auf seinen Idealen wie der Demokratie. Obama betonte die großen Herausforderung, die auf die USA warteten. Amerika befinde sich in zwei Kriegen, es gebe die größte finanzielle Krise seit langer Zeit. Es müssten "neue Jobs geschaffen, Allianzen repariert werden". Dies werde seine Zeit brauchen, "wir werde mehr als ein Jahr brauchen". Aber "wir werden es schaffen, das verspreche ich".

Obama dankte seinen Freunden und Verwandten für ihre Unterstützung. Seine Ehefrau Michelle stellte Obama als die "nächste First Lady" der Vereinigten Staaten vor. Obama beendete seine Rede mit seinem Wahlkampfslogan "Yes we can". An der Seite seiner Frau Michelle und seines Vizes Joe Biden ließ Obama sich dann von der begeisterten Menge feiern.

In der Menge waren auch Prominente wie Brad Pitt und Oprah Winfrey und der Pfarrer und Politiker Jesse Jackson. Jackson, der sich selbst zwei Mal um die Kandidatur für das Präsidentenamt bewarb, strömten die Tränen über das Gesicht, als die Wahl Obamas verkündet wurde. Sein Sohn Jesse Jackson Jr., der Abgeordneter im Repräsentantenhaus ist, sprach von einer "friedlichen Revolution".

In allen großen Städten feierten Millionen von Amerikanern mit Hupkonzerten den Sieg Obamas. "Amerika wird sich nie wieder selbst so sehen wie zuvor, und die Welt wird Amerika nicht mehr so sehen wie zuvor", rief der Stadtrat von Philadelphia, Bill Green, vor Hunderten von jubelnden Menschen vor dem örtlichen Hauptquartier der Demokraten, berichteten die Philadelphia News.

Selbst die sonst eher verschlafene Hauptstadt Washington wurde vom Überschwang der Gefühle erfasst. Vor dem Weißen Haus versammelten sich Tausende überwiegend junger Menschen, die nur eine Botschaft an George W. Bush hatten: "Get out, get out!" (raus hier, raus hier!).

Der Wahlsieg Obamas wurde auch international begrüßt. Staats- und Regierungschefs aus aller Welt gratulierten ihm zu seinem Sieg, darunter Bundespräsident Horst Köhler, Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und der britische Premier Gordon Brown. Glückwünsche kamen auch aus Afghanistan, wo die USA gegen die radikalislamischen Taliban kämpfen. Die Regierung im Irak rechnete nach eigenen Angaben auch unter dem künftigen Präsidenten Obama nicht mit einem raschen Truppenabzug der USA.

Der Iran hat die Wahl Barack Obamas begrüßt und als Zeichen des Scheiterns von Amtsinhaber George W. Bush gewertet. Ex-Parlamentspräsident Gholam- Ali Hadad-Adel sagte laut Medienberichten in der ersten offiziellen Stellungnahme aus Teheran: "Der nächste US-Präsident sollte den von Bush eingeschlagenen Kurs ändern, um den Sumpf, den er geschaffen hat, auszutrocknen".

Obama gewann laut dem TV-Sender NBC bis 12 Uhr MEZ in 28 Staaten und konnte damit 349 Wahlmännerstimmen einsammeln. Das sind 79 Stimmen mehr als das Minimum von 270, das er für seine Wahl zum Präsidenten durch das Wahlmännerkollegium benötigt. McCain gewann in 21 Staaten und schaffte lediglich 162 Wahlmännerstimmen. In Missouri und North Carolina herrscht bis zur Stunde ein Stimmenpatt. Insgesamt votierten laut NBC 52 Prozent der Wahlberechtigten für Obama, 47 Prozent für McCain.

Neben dem Präsidenten wählten die US-Bürger auch das Repräsentantenhaus sowie 35 der 100 Sitze im Senat. Bei den Senatswahlen gelang es demokratischen Kandidaten, entscheidende Mandate zu erobern, die bisher von den Republikanern gehalten wurden. Zu den Verlierern bei den Republikanern gehören die bisherigen Senatoren Elizabeth Dole in North Carolina und John Sununu in New Hampshire. Außerdem gewannen demokratische Kandidaten in Virginia und New Mexico, wo die bisherigen republikanischen Amtsträger nicht mehr antraten.

Zu den Siegern der Senatswahl gehört auch der demokratische Vizepräsidentschaftskandidat Joe Biden, der in Delaware für eine siebte Amtszeit wiedergewählt wurde. Laut NBC haben die Demokraten nun 56 Senatorensitze, die Republikaner 40. Für vier Sitze konnte noch kein Sieger ermittelt werden. Zur Mehrheit genügen 51 Sitze

Im Repräsentantenhaus konnten die Demokraten erneut die absolute Mehrheit erreichen. Ihre Kandidaten gewannen mindestens 13 Sitze hinzu. Das Sitzverhältnis beträgt nun 258 zu 177 zu Gunsten der Demokraten. Damit kann der gewählte Präsident Barack Obama auf den Rückhalt einer breiten Unterstützung seiner eigenen Partei im Kongress bauen.

Auch bei den insgesamt elf Gouverneurswahlen in den Einzelstaaten schnitt die Partei des designierten Präsidenten erfolgreich ab. In Missouri verdrängten sie die Republikaner von der Regierung. Damit werden jetzt 29 Staaten von demokratischen Politikern geführt und 21 von Republikaner.

In Missouri hatte der Republikaner Matt Blunt zu Beginn des Jahres überraschend erklärt, dass er nicht wieder antreten werde. Daraufhin gewann am Dienstag der Generalstaatsanwalt dieses Staates, Jay Nixon, die Gouverneurswahl gegen den republikanischen Abgeordneten Kenny Hulshof.

In den anderen Einzelstaaten wurden meist die Amtsinhaber bestätigt. In Indiana wurde der republikanische Gouverneur Mitch Daniels wiedergewählt. Er gewann gegen seine Herausforderin Jill Long Thompson von der Demokratischen Partei. Daniels war Chefberater von Expräsident Ronald Reagan und diente dem amtierenden Präsidenten George W. Bush als Budget-Direktor. Im Wahlkampf profitierte er davon, dass er mindestens zehn Millionen Dollar mehr an Spenden zur Verfügung hatte als Long Thompson.

Barack Obama soll am 20. Januar als 44. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt werden. Er wird sein Amt inmitten einer der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrisen des Landes seit Jahrzehnten antreten. Der Krise verdankt der Demokrat offenbar aber auch seinen klaren Sieg. Nach den Umfragen trauten ihm die US-Bürger eher als McCain zu, die Krise in den Griff zu bekommen. McCain hatte dagegen stark auf seine jahrzehntelange Erfahrung als Außenpolitiker gesetzt. Die Umfragen zeigten aber, dass der Militäreinsatz im Irak sowie der Anti-Terror-Kampf als Anliegen der Wähler durch die Wirtschaftsthemen stark in den Hintergrund gedrängt worden waren

Verfechter der Homo-Ehe haben bei den US-Wahlen eine Niederlage einstecken müssen. In Florida und Arizona stimmten die Bürger bei Referenden für einen Verfassungszusatz, der eine Ehe nur als Verbindung zwischen Mann und Frau definiert. In Kalifornien lagen nach Auszählung von 40 Prozent der Stimmen die Befürworter der Homo-Ehe knapp im Rückstand. Auch in dem Westküstenstaat stimmten die Wähler über einen Verfassungszusatz gegen die Ehe von Lesben und Schwulen ab.

Der Oberste Gerichtshof Kaliforniens hatte für gleichgeschlechtliche Ehen in diesem Jahr grünes Licht gegeben, seit Juni wurden hier mehr als 16 000 Paare getraut. Das Referendum "Proposition 8" könnte das Gerichtsurteil nun wieder revidieren. Tausende Paare waren in den letzten Wochen noch schnell vor den Traualtar gezogen. Gegner und Befürworter lieferten sich eine Schlacht mit TV-Anzeigen. Beide Seiten haben mehr als 35 Millionen Dollar mobilisiert, es war landesweit die teuerste Wahlabstimmung nach dem Präsidenten-Duell.

Kalifornien, wo mehr als 100 000 gleichgeschlechtliche Paare leben, ist nach Massachusetts der zweite Bundesstaat, der die Homo- Ehe erlaubt hat. Mitte Oktober gab auch der Gerichtshof in Connecticut grünes Licht für die Trauung von Schwulen und Lesben.

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