Nach dem Tod von Kay Bernstein: Hertha trauert im Olympiastadion
Es wird kein gewöhnliches Spiel von Hertha am Sonntag gegen Fortuna Düsseldorf. Nach dem Tod von Präsident Bernstein stehen alle Zeichen auf Trauer.
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Schon die Beileidsbekundungen für Bernstein, der in der Nacht zum Dienstag im Alter von nur 43 Jahren starb, zeigen, dass er kein Präsident war wie jeder andere. Berlins Grünen-Fraktionschef Werner Graf schrieb: „Kay hat Hertha, Kay hat Berlin viel gegeben. Dafür sind wir ihm von Herzen dankbar.“ Dirk Zingler, Präsident des FC Union, kondolierte mit den Worten: „Kay Bernstein hat in seiner leider viel zu kurzen Amtszeit bei Hertha BSC bereits prägende Spuren hinterlassen.“
Was sowohl Graf als auch Zingler ansprechen, ist der so genannte „Berliner Weg“, mit dem der seit Juni 2022 amtierende Bernstein seine Präsidentschaft überschrieben hat. Demut statt Großkotzigkeit, Spieler aus der eigenen Akademie statt teurer Einkäufe und vor allem eine Konsolidierung des Vereins, der trotz der 374 Millionen Euro, die Ex-Finanzier Lars Windhorst in Hertha gesteckt hat, wieder vor dem finanziellen Abgrund stand und steht.
Eigentlich sind Weichenstellungen wie diese keine Sache von Clubpräsidenten. Doch Bernstein wollte kein Frühstücksdirektor sein, er wollte Hertha von unten neu erfinden. Dass er dabei auf einem guten Weg war, zeigen nicht nur die offiziellen Beileidsbekundungen. Auch unter den Fans sitzt der Schock tief.
Kay aus der Kurve
Kay Bernstein war einer von ihnen, Mitgründer der Ultragruppe Harlekins, Vorsänger in der Ostkurve, selbst als Präsident trug er fast immer seine Hertha-Jacke. Kein Unnahbarer also, eher einer zum Anfassen. Vielleicht war es diese Mischung aus Ultra-Vergangenheit und menschlicher Nähe, die im Juni 2022 die Überraschung perfekt gemacht hatte. Nicht der vom Hertha-Establishment favorisierte Ex-CDU-Politiker Frank Steffel wurde bei der Mitgliederversammlung zum Nachfolger von Werner Gegenbauer als Hertha-Präsident gewählt, sondern „Kay aus der Kurve“, wie die Zeit schrieb.
Für viele Fans war es die erste positive Nachricht seit langem. Hertha war in den Schlagzeilen, nicht wie so oft als Skandalverein, sondern als erster Bundesligist mit einem ehemaligen Ultra an der Spitze. Dass der sich bald an der Quadratur des Kreises versuchen musste, zum Beispiel bei den Verhandlungen zum Einstieg des Finanzinvestors 777, haben viele Anhänger kritisch gesehen, aber nicht mit Bernstein gebrochen. Nie hat er einen Hehl daraus gemacht, was er von der Kommerzialisierung des Profifußballs hält. Als Präsident aber ging es ihm darum, Lösungen zu finden, den Weg des Machbaren zu suchen. Auch das war der Berliner Weg.
Bernsteins Vize und derzeitiger Interimspräsident Fabian Drescher will diesen Weg weitergehen. „Dein Wunsch war es, unseren Verein zu einen und zu stärken, um daraus unsere Kraft zu ziehen“, schrieb der 41-jähriger Rechtsanwalt auf X. „Jetzt, wo du nicht mehr da bist, werden wir noch enger zusammenrücken, um deine Visionen für Hertha BSC zu verwirklichen.“ Bis zur regulären Vorstandswahl im Herbst will Drescher Interimspräsident bleiben. Eine vorgezogene Neuwahl im Mai scheint damit vom Tisch.
Wenn sich am Sonntag ein geplanter Trauerzug vom Theodor-Heuss-Platz zum Olympiastadion in Bewegung setzt und anschließend die Ostkurve ganz in Schwarz gekleidet sein wird, wird Hertha wieder in den Schlagzeilen sein. Noch nie haben Fans um ihren Präsidenten so getrauert wie um Kay Bernstein.
Wieder eine positive Botschaft, die von Hertha ausgeht. Danach beginnt der Alltag ohne Bernstein, unter anderem mit dem Einreichen der Anträge für die Lizenz. Der Berliner Weg ist kein Selbstläufer.
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