Nach dem Scheitern des Transrapids: CSU attackiert Industrie
Verantwortlich für das Aus des Transrapids seien Konzerne, die ihre Zusagen nicht einhalten, meint CSU-Chef Beckstein. Kritisiert wird er von Parteifreund Ramsauer.
BERLIN rtr/taz Nachdem die Transrapid-Strecke in München gescheitert ist, beginnt nun das Hickhack darüber, wer die Schuld an der Misere trägt - insbesondere in der CSU. So attackierte Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein erneut scharf die Industrie. Wenn die Vorstandschefs der beteiligten Großkonzerne noch vor einem halben Jahr ein Preisangebot von 1,85 Milliarden Euro abgegeben hätten, "sollte man sich darauf verlassen können", sagte der CSU-Politiker der Passauer Neuen Presse vom Freitag. Ihm sei völlig unverständlich, wie der Kostenrahmen seitdem auf 3,4 Milliarden Euro explodieren konnte. Verantwortlich für das Aus seien "die, die ihre Zusagen nicht einhalten".
Der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer hingegen kritisierte auch seinen Parteifreund Beckstein. "Dem Ministerpräsidenten dürften die neuen Zahlen sehr gelegen gekommen sein. Anders ist die Hals-über-Kopf-Entscheidung (für den Projektstopp) nicht erklärbar", sagte er der Süddeutschen Zeitung. FDP-Chef Guido Westerwelle argumentierte in eine ähnliche Richtung. "Der Transrapid wurde in Wahrheit aus politischen Gründen gestoppt", sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Die plötzliche Verteuerung des Vorhabens rieche nach einer Politik, "um ein von der CSU ungeliebtes Projekt vor der Landtagswahl zu beerdigen."
Für Beckstein ist mit dem Aus für die Münchener Strecke das Thema einer Transrapid-Verbindung in Deutschland insgesamt gestorben. "In Deutschland wird keine Strecke gebaut werden. Das Münchener Projekt war die letzte Chance", sagte er. Dennoch müsse die Technologie weiter gefördert werden. Schließlich gebe es Interessenten in China, in den USA und im arabischen Raum. "Mit einer deutschen Referenzstrecke wäre es sicher einfacher gewesen", beklagte er.
CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer kritisierte ebenfalls die am Münchener Transrapid-Projekt beteiligte Wirtschaft - federführend Siemens, ThyssenKrupp und Hochtief. "Die Industrie wollte offensichtlich kein Leuchtturmprojekt, sondern Kasse machen", sagte sie der Berliner Zeitung. Der CSU können man keinen Vorwurf machen. Es war allerdings seinerzeit vor allem der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, der das Projekt gegen Skepsis vorangetrieben hatte.
Der Bund und das Land Bayern hatten am Donnerstag das Aus für das Münchener Verkehrsprojekt wegen Unbezahlbarkeit beschlossen. Der auf das das Doppelte des Ursprungsbetrags auf rund 3,4 Milliarden Euro erhöhte Kostenrahmen sei für Bund und Land nicht finanzierbar. Der Bund wollte sich an den Kosten ursprünglich zu maximal 925 Millionen Euro, der Freistaat zu 490 Millionen Euro beteiligen. Das Firmenkonsortium hatte aber mitgeteilt, es wolle im Grundsatz an der Technologie festhalten.
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