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Nach dem Iran-Abkommen von LausanneJubel und Skepsis

Feiern in Teheran, mahnende Worte aus Israel: Die Grundsatzeinigung im Atomstreit mit dem Iran könnte ein Durchbruch sein. Noch sind aber viele Fragen offen.

Straßenfeste in Teheran: Für Jubelstimmung sei es allerdings noch zu früh, so Bundesaußenminister Steinmeier Bild: dpa

LAUSANNE/BERLIN dpa | Nach der Grundsatzeinigung im Atomstreit mit dem Iran wird über Tragweite und Auswirkungen diskutiert. Die UN-Vetomächte, Deutschland und der Iran einigten sich am Donnerstag in Lausanne auf zentrale Eckpunkte zur Beilegung des seit zwölf Jahren schwelenden Konflikts. US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Einigung als historischen Schritt. In Teheran gab es spontane Jubelfeiern. Aus Israel kamen mahnende Worte.

Die USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland und der Iran hatten sich nach tagelangen Verhandlungen in der Schweiz darauf verständigt, dass der Iran seine Atomaktivitäten auf Jahre deutlich begrenzt. Im Gegenzug hebt der Westen verhängte Wirtschaftssanktionen auf. Ein bindendes Abkommen gibt es jedoch noch nicht, dieses soll mit allen Details bis Ende Juni erreicht werden.

In der iranischen Hauptstadt Teheran gab es nach der Einigung spontane Straßenfeste. Laut Augenzeugen feierten in ganzen Stadt Zehntausende, zumeist Jugendliche. Ungeachtet der strengen Sittenpolizei tanzten zahlreiche junge Männer und Frauen auf den Straßen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte, für Jubelstimmung sei es noch zu früh. Doch es seien entscheidende Hindernisse für eine Einigung aus dem Weg geräumt worden. Vor allem der republikanisch geführt US-Kongress kann das bis Sommer angestrebte Abkommen jetzt noch blockieren. Nach seiner Osterpause wollte sich das US-Parlament mit dem Thema befassen.

Netanjahu ist skeptisch

Obama betonte zudem die Verpflichtungen der USA für die Sicherheit Israels. Trotz der erzielten Rahmenvereinbarungen bestünden die Sorgen über die Drohungen Irans gegenüber Jerusalem weiter, sagte Obama in einem Telefongespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Washington stehe standfest zu seinen Sicherheitsverpflichtungen, fügte Obama nach Angaben des Weißen Hauses hinzu. Doch die Vereinbarungen seien ein Fortschritt.

Dagegen äußerte sich Netanjahu laut israelischer Presseberichte erneut skeptisch. Die Vereinbarung gefährdeten das Überleben Israels, sagte Netanjahu nach einem Bericht der Times of Israel in dem Gespräch. Erst vor wenigen Tagen habe sich der Iran erneut zur Vernichtung Israels bekannt. Die Vereinbarungen würden den Weg Irans zur Atombombe nicht blockieren, sondern ebnen, sagte Netanjahu den Angaben zufolge.

Die internationale Gemeinschaft will jeden technologischen Weg zu einer iranischen Atombombe versperren. Der Regierung in Teheran erhofft sich durch Sanktionsaufhebungen einen ökonomischen Aufschwung.

Der Iran verpflichtet sich, sein nukleares Anreicherungsprogramm bis zu 25 Jahre lang einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrollen zu unterwerfen, wie Steinmeier in Lausanne sagte. Alle nuklearen Aktivitäten des Landes unterlägen damit für die Zeit strengster Überwachung durch die Internationale Atomenergiebehörde. Bei Regelverstößen können die Wirtschaftssanktionen aber umgehend wieder in Kraft gesetzt werden.

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7 Kommentare

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  • chag sameach!

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die Existenz Israels ist nicht durch dieses längst überfällige Abkommen gefährdet. Viel gefährlicher ist die israelische Sturheit und Uneinsichtigkeit. Netanjahu will keinen Frieden, Libermann schon gar nicht. Solche Haltungen bringen Israelis weltweit in Gefahr, weil es genug Chaoten gibt, die nicht zwischen den Hardlinern und gemäßigten Israelis unterscheiden können und/oder wollen. Das hat mit dem Atomabkommen mit Iran gar nichts zu tun.

    • @1714 (Profil gelöscht):

      „Israelis weltweit in Gefahr“?

       

      Nennen Sie die Attentäter, die 1994 das Attentat auf die jüdische Gemeinde in Argentinien (85 zivile Tote, 300 Verletzte) begingen, ebenfalls „Chaoten“? Seltsame Chaoten müssen das sein, wenn sich unter den Beschuldigten sogar der ehemalige iranische Verteidigungsminister Vahidi und sechs weitere iranische Politiker befinden.

       

      Der Zeitgeist erfordert es wohl, mit ihrer Masche das seit Brandt/Kreisky auf den „Palästina-Gedanken“ eingeschworene gesunde Volksempfinden zu bedienen. Aber woher wissen Sie, dass die Existenz Israels nicht durch die weiterhin intakte iranische Atomwaffeninfrastruktur gefährdet ist? Haben Sie nicht gelesen, was Mohammad Reza Naqdi vergangene Woche zu diesem Thema gesagt hat? http://www.timesofisrael.com/iran-militia-chief-destroying-israel-nonnegotiable/

      • @L'Occitane:

        @FLW hat aber grundsätzlich vollkommen recht wenn er schreibt, daß es genug Leute gibt "die nicht zwischen den Hardlinern und gemäßigten Israelis unterscheiden ... wollen." Und dann möglichst viele davon umbringen (wollen).

         

        Warum aber für solche die Frage von Bedeutung ist ob Netanjahu/Liebermann "Frieden wollen" bleibt da unklar. Das sind nun zwei Dinge, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Solange man nicht "Frieden wollen" mit "aus Palästina verschwinden" übersetzt.

        • @Werner W.:

          Alleine der von FLW ins Spiel gebrachte Begriff des "Hardliners"! - Da wird immer so getan, als ob Kompromissler wie Rabin, Barak und Olmert dem Frieden im Nahen Osten verpflichteter wären als die Realisten. Warum wurden die Vorschläge von Gebietsabtretungen und der Rückzug aus Gaza dann stets mit kriegerischen Akten der Gegenseite beantwortet?

          Die friedfertigsten Israelis sind eher jene Zionisten, die Judäa und Samaria für Israel beanspruchen und die vor allem hinsichtlich Jerusalem um keinen Millimeter von der 1980 proklamierten Annektion abweichen wollen. Schon alleine deshalb, weil Paragraph 3 des Jerusalem-Gesetzes („The Holy Places shall be protected from desecration and any other violation and from anything likely to violate the freedom of access of the members of the different religions to the places sacred to them or their feelings towards those places“) im Falle der Aufspaltung zur Schändung des religiösen Friedens in der Stadt führen würde.

           

          Die Friedenstaube würde sich eher bei sogenannten Hardlinern auf die Hand setzen.

  • "Vor allem der republikanisch geführt US-Kongress kann das bis Sommer angestrebte Abkommen jetzt noch blockieren."

    Nicht nur der US-Kngress könnte das Abkommen blockieren, sondern ebenso das iranische Parlament:

    "Das iranische Parlament - der Madschlis - hat Präsident Ruhani aufgefordert, bei den Atomverhandlungen in der Schweiz keine voreiligen Zusagen zu machen. In dem Brief eines Parlamentsvertreters an Ruhani heißt es, alle internationalen Dokumente könnten für das Land unwiderrufliche Verpflichtungen bedeuten. Dem Präsidenten müsse klar sein, dass eine Vereinbarung erst rechtskräftig werde, wenn auch das Parlament in Teheran zustimme."(Deutschlandfunk)

  • das abkommen finde ich gut.







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