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Nach dem Erdbeben in JapanAtom-Katastrophe aus dem Lehrbuch

Die Explosion im japanischen Akw Fukushima I ist das, was sich Wissenschaftler als den Super-GAU vorgestellt haben. Jetzt beten alle, dass sich der Wind nicht dreht.

Mit Atemmasken ausgestattet evakuieren Polizisten Anwohner der Fukushima-Akws. Bild: reuters

BERLIN taz | "In Fukushima ist keine wissenschaftliche Überraschung passiert", sagt Lothar Hahn. "Jeder Experte kennt dieses Szenario einer Kernschmelze." Für den ehemaligen Chef der Reaktorsicherheitskommission (RSK) des Bundes hat sich in Japan "in klassischer Weise das Restrisiko der Atomkraft realisiert", über das in den vergangenen Jahrzehnten die Gegner und Befürworter der Atomkraft gestritten haben. "Es ist der Vorfall, der statistisch gesehen einmal alle 10.000 oder alle 100.000 Jahre passieren dürfte."

Das ändert nichts an den möglicherweise fatalen Folgen: "Das könnte eine Katastrophe werden", sagt Hahn, der bis zu seiner Pensionierung lange die "Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit“" (GRS) leitete: Kernschmelze im Reaktor, eine Explosion, die den Sicherheitsmantel ("Containment") sprengt und hochradioaktive Gase und Teilchen freisetzt. "Die Einzelinformationen ergeben ein düsteres Bild", meint Hahn. Seine Hoffnung: Dass der Wind weiter vom Land aufs Meer bläst. Und sich nicht in Richtung der 30-Millionenstadt Tokio dreht.

Das aber ist unsicher. Auf der Wetterkarte des japanischen Wetteramtes zeigen sich zwar an der Ostküste des Landes in der Provinz Fukushima am Samstag nur schwache Winde, die aufs Meer hinaus wehen. Doch über den angrenzenden Gegenden bläst der Wind durchaus auch in Richtung Westen und Süden – auf die großen Städte zu. Und noch ist unklar, ob die Katastrophe überhaupt schon ihren Höhepunkt erreicht hat: Denn die Menschen in Japan rechnen weiterhin mit Nachbeben. Die Infrastruktur ist teilweise zerstört.

Und neben dem explodierten Akw-Reaktorgebäude Fukushima Daiichi, Block 1 kochen noch zwei weitere Reaktoren (Block 2 und 3) praktisch ungekühlt vor sich hin. Und auch um den Atomstandort Daini (Fukushima II) gleich nebenan macht sich die japanische Atombehörde so große Sorgen, dass die Bevölkerung in einem Umkreis von zehn Kilometern evakuiert wird.

Der Vorlauf zur Havarie in Fukushima Daiichi, Block 1 folgte offenbar "Murphy's Gesetz": Was schief gehen kann, geht schief. Am Anfang steht ein gewaltiges Erdbeben der Stärke 8,9 – mehr als das, wofür die Akw selbst im erdbebenerprobten Japan ausgelegt sind. Durch das Erbeben fällt die Stromversorgung für die Pumpen aus, die das Kühlwasser in den Reaktor bringen. Die Diesel-Notaggregate springen an, werden aber eine Stunde später vom Tsunami überflutet und zerstört.

Das dritte Kühlsystem, das nach Angaben der internationalen Atomenergiebehörde IAEA zum Teil aus Batterien gespeist und zum Teil über Verdunstung funktioniert, kann die Glut im Reaktor nicht mehr ausreichend kühlen. Und weil die gesamte Infrastruktur des Landes am Boden liegt, schaffen es Technikertrupps nicht rechtzeitig zu den Atomkraftwerken, um neue Pumpen zu installieren oder die alten wieder flottzukriegen.

Was nun passiert, wurde schon lange in den Lehrbüchern der Atomwerker diskutiert: Der Reaktorkern wird so heiß (bis zu 2.500 Grad Celsius), dass er das Wasser im Kühlkreislauf in Wasserstoff aufspaltet. Mit dem frei verfügbaren Sauerstoff bildet sich ein explosives Gemisch, das sich irgendwann an einem Funken entzündet. Die Explosion reißt den Schutzmantel auf, das Gas tritt aus.

Unklar ist, wie sich der überhitzte Kern, eine glühende Masse aus dem Uran der Brennstäbe (möglicherweise auch Plutonium, falls in der Anlage MOX-Elemente aus der Wiederaufbereitung verwendet wurden) verhält: Nach Informationen von Wissenschaftlern und Umweltgruppen ist es bereits zur Kernschmelze gekommen, diese soll aber im noch intakten Druckbehälter ablaufen.

"Es ist nach wie vor ein Wettlauf mit der Zeit, ob die Behörden es schaffen, den Reaktor so weit zu kühlen, um eine große Kernschmelze zu verhindern", sagt Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Die Betreiber haben angekündigt, Meerwasser dazu einzusetzen. Große Kernschmelze, das bedeutet: Der glühende Kern aus Urantabletten und Metallteilen des Druckbehälters ergießt sich in die geborstene Außenhülle des Reaktors und bekommt Kontakt zur Atmosphäre. Für diesen Notfall haben die AKW der "dritten Generation", wie der französische EPR, der in Finnland und in der Normandie gebaut wird, ein eigenes "Auffangbecken" – der Reaktor in Fukushima hat nichts dergleichen.

Die Kernschmelze von Fukushima ist offenbar ein konsequenter Betriebsunfall: Anders als bei den hunderten von "normalen" Störfällen versagten alle Sicherungssysteme; anders als bei der partiellen Kernschmelze im Akw Three Mile Island im US-amerikanischen Harrisburg 1979 konnte niemand in letzter Sekunde ein Ventil öffnen und den Druck aus dem Kessel lassen – weil in Fukushima kein Strom zur Öffnung der Ventile da war. Und anders als in Tschernobyl war Fukushima offenbar kein Bedienungsfehler einer von sich zu sehr überzeugten Mannschaft.

Japan betreibt seit Jahrzehnten inzwischen mehr als 50 Atomreaktoren, hat bei der Sicherheit einen guten Ruf und stellt seit 2009 mit Yukiya Amano den Chef der UN-Behörde für die zivile Nutzung der Atomkraft (IAEA). Die Unterlagen der japanischen Atomsicherheits-Behörde JPNES zeigen denn auch im letzten Jahresbericht keine Auffälligkeiten: Zwar gab es seit 1966 in der japanischen Atomindustrie insgesamt 728 Störfälle, darunter 152 automatische Abschaltungen im laufenden Betrieb (wie etwa auch dieses Mal bei der Tsunami-Warnung) und 263 Notabschaltungen per Hand. Aber allein in den letzten drei Jahren des Berichts 2007-2009 wurde keine einzige automatische Abschaltung registriert.

Von Versäumnissen der Betreiber will deshalb auch Greg Webb, Sprecher der IAEA, nicht sprechen. Zwar habe er keine Daten über ausgetretene Radioaktivität aus Japan vorliegen, sagt er auf Anfrage der taz. „Aber das hat wohl damit zu tun, dass die Kollegen vor Ort mit dringenderen Sachen beschäftigt sind“ und der Datentransfer an die IAEA nicht die allererste Priorität habe.

Webb bestätigt aber, dass die japanischen Behörden „sehr sorgfältig“ die Entwicklungen in den Reaktoren Daiichi 2 und 3 beobachteten, deren Kühlsysteme auch nur zu einem geringen Teil funktionieren. Über den weiteren offenbar bedrohten Akw-Standort Daini, wo auch die Bevölkerung evakuiert wird, hat Webb "keine Informationen vorliegen".

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34 Kommentare

 / 
  • S
    steffi

    Ich hoffe doch mal sehr, dass es das jetzt wirklich war für unsere maroden Kraftwerke hier. Aber ich frage mich auch an der Stelle, was haben wir für eine Regierung, die zunächst die Laufzeit verlängert und jetzt zurückrudert? Das macht sie wirklich immer unglaubwürdiger in meinen Augen. Möchte ich vertreten werden von einer Regierung, die ihr Fähnchen immer schön mit dem Wind dreht? Offensichtlich ist ja davon ausgegangen worden, dass unsere Meiler sicher sind. Oder noch schlimmer es ist hinten angestellt worden, dass sie es nicht sind. Warum muss immer erst etwas passieren, bevor Konsequenzen gezogen werden?

  • WS
    Wolfgang Schmidt

    Also, es dürfte klar sein, dass es die Kernzschmelzen längst gegeben hat und das es nur darum geht eine Massenpanik für den Großeraum Tokio zu vermeiden, da sich 35 Millionen Menschen nicht evakuieren lassen.

     

    Nun mal eine wohl utopische, aber ernst gemeinte Frage:

     

    Wäre es möglich Stück für Stück - und wenn es 20 Jahre dauert - ganz Japan umzusiedeln?

     

    Man muss die Japaner ja nicht auf verseuchtem Boden leben lassen und die Welt könnte zeigen, dass sie auch wirklich rein menschlich zusammenstehen kann.

     

    Schließlich ist letzlich fast die ganze Welt auch schuld daran, dass diese vernichtende Technologie überhaupt noch eingesetzt wird, weil fast alle drauf gesetzt haben. Nun sollte auch die ganze Welt dem Volk helfen, dass eine solche Katastrophe zu verkraften hat.

     

    Ich finde jedenfalls, wir hätten genug Platz in Deutschland massenweise Japaner aufzunehmen oder Ihnen gar großflächig Land zu schenken, damit sie eine neue Heimat aufbauen können.

    Ich sagte ja, es ist ein utopischer Gedanke, aber muss man darüber nicht nachdenken, wenn ein Land über endlos viele Jahre verseucht sein wird...?

    Man kann sie doch dort nicht einfach zurück lassen...

  • S
    Swanni

    Ich glaube, das wars dann für die Akws in Deutschland.

    Mittlerweile ist die gesellschaftliche ablehnung so breit, dass auch Merkel ihr Segel in den Wind hängen wird.

  • CE
    Christian Erhard

    Also egal wie ich rechne und herumüberlege, ich komm einfach auf 2 GAU's in 10.000 Jahren (wenn man die ganzen Geheimen GAU's dazu rechnet sogar auf 5). 1986 bis 2011 sind nur 25 Jahre - ODER???

    Da hat sich wohl jemand mit den Prognosen GANZ GEHÖRIG verrechnet (oder sollte ich lieber verschätzt sagen?)!!!

  • D
    David

    @ lanzbulldock:

     

    „Warum kommt denn niemand auf die Idee Sand

    um den heißen Reaktor in großen Mengen zu kippen …?“

     

    Hat man in Tschernobyl ja anfangs gemacht. Und dann hat man irgendeine feste (?) Borverbindung und Blei nachgekippt. Aber im Unterschied zu Tschernobyl befinden sich die Reaktoren in Japan noch in ihren Hüllen. In Tschernobyl wurde die Hülle durch eine Knallgasexplosion weggesprengt, so dass der Reaktor offen da lag und hochradioaktive Teile des Reaktors (z. B. die Graphitummantelung [?] der Brennstäbe) auf dem Dach und in der Umgebung lagen. In Fukushima I, Reaktor 1, gab es zwar ebenfalls eine Knallgasexplosion, aber außerhalb der den Reaktor unmittelbar umschließenden Hülle – soweit ich es verstanden habe. Dadurch wurden nur Teile der Gebäudefassade weggesprengt. Inklusive der Fassade scheint es insgesamt drei Hüllen zu geben, von denen aber nur die erste einen echten Schutz vor dem Reaktor bietet. Den Raum zwischen der ersten und der zweiten Hülle, von innen aus gesehen, hat man jetzt mit Meerwasser geflutet. Auch der Raum zwischen zweiter Hülle und Fassade scheint bei einem der Reaktoren mit Meerwasser geflutet worden zu sein, ich weiß allerdings nicht, ob bei Reaktor 1 oder 3. Da es zwischenzeitlich hieß, die Brennstäbe hätten zeitweise außerhalb des Wassers gelegen, gehe ich im Moment davon aus, dass es auch gelungen ist, den inneren Behälter mit Wasser (Meerwasser?) nachzufüllen.

     

    Welche Räume auch immer jetzt mit Wasser geflutet wurden, es wird wohl derzeit an einem Wasserkreislauf gearbeitet – die mittlere Hülle soll von außen angebohrt werden, um das Wasser zu einem Kühlsystem ausleiten, und das gekühlte Wasser wieder einleiten zu können.

     

    Jedenfalls lässt sich Sand im Gegensatz zu Wasser schlecht pumpen. Und in Tschernobyl haben sich außerdem schnell Spalten im geschmolzenen Sand gebildet.

  • S
    schimmi

    frau merkel, herr röttgen! fliegen sie nach fukuschima und räumen sie den atomaren kernmüll weg. das wäre konsequent.

    schimmi

  • WB
    Westdeutscher Beobachter

    Zitate aus dem Artikel "Atom-Katastrophe aus dem Lehrbuch", erster Absatz: " 'In Fukushima ist keine wissenschaftliche Überraschung passiert', sagt Lothar Hahn. ... Für den ehemaligen Chef der Reaktorsicherheitskommission (RSK) des Bundes" ... ist es " 'der Vorfall, der statistisch gesehen einmal alle 10.000 oder alle 100.000 Jahre passieren dürfte.'"

     

    Wenn für die weltweit etwa 500 Atomreaktoren ein Durchschnittsalter van 20 Jahren angesetzt wird, stehen "wir" weltweit inzwischen bei exakt 10.000 Jahren Reaktorlaufzeit. Es war jetzt also soweit (statistisch). Bereits in den 80-er Jahren wurde für den einzelnen Reaktor eine Gau-Wahrscheinlichkeit von "alle 10.000 Jahre" angenommen. Sie wussten damals schon, was sie taten.

     

    Berücksichtigt man auch Tschernobyl (1986), so "passiert der Vorfall" bisher tatsächlich etwa alle 20 Jahre. Der Physikerin Merkel dürften derart einfache Berechnungen und Beobachtungen geläufig sein. Die Bundesregierung und die derzeitige Parlamentsmehrheit sind aber nicht etwa bedauernswerte Opfer der Atom-Lobby, sondern Marionetten der Energiewirtschaft. Kein Mitleid! Abwählen!

  • L
    lanzbulldock

    Warum kommt denn niemand auf die Idee Sand

    um den heißen Reaktor in großen Mengen zu kippen,

    und durch die entstehende Glasbildung

    einen gewissen Abschirmungschutz aufzubauen.

    Sand ist ein sehr guter Wärmeleiter und

    löscht Feuer und er ist in Strandnähe reichlich

    vorhanden. Hätte man dann noch genug

    schnellaushärtenden Beton mit genügend

    Armierungsstahl ließe sich

    die radioaktive Klimakatastrophe drastisch

    reduzieren. Kein Mensch will offenbar

    die scheinbar schwer vermeidbare

    Kettenreaktionsexplosion in der Detonations-

    wirkung abschwächen. Lieber sollen Millionen

    von Menschen verstrahlt werden.

     

    8 Milliarden Menschen leben auf der Erde und

    die simpelsten Ideen werden nicht

    umgesetzt. Ein trauriges Statement für die Menschheit, aber hoffentlich

    nicht auch ein Menetekel für unsere Zukunft!

  • G
    Gachmuret

    @Skeptiker:

    Anderen mangelnde Recherche vorwerfen fetzt aber nur so mittel, wenn man selbst nicht recherchiert.

    Es geht hier nicht um den Wechsel des Aggregatzustandes von Wasser, also um die Bildung von Wasserdampf, sondern um die Aufspaltung von Wasser zu Wasserstoff und Sauerstoff, was bei einer ausrechenden Energiezufuhr nunmal passiert. Ist übrigens auch ein klassisches Thema des Physikunterrichts in der Schule. ;)

    Im Übrigen kenne ich keine deutschsprachige Tageszeitung, die derart konsistent seit Jahrzehnten Atomkraft thematisiert. Wir reden her über ein, wenn nicht vielleicht sogar das, Achtung, Kalauer, Kernthema der taz. Ich neige daher also eher dazu, mein eigenes Wissen in Frage zu stellen als ausgerechnet einem taz-Artikel faktische Fehler zu unterstellen...

  • H
    Heinz

    @Skeptiker

    "Der Reaktorkern wird so heiß (bis zu 2.500 Grad Celsius), dass er das Wasser im Kühlkreislauf in Wasserstoff aufspaltet." - Hab ich was verpasst? Wasserdampf und Knallgas sind immer noch unterschiedliche Sachen möchte ich meinen

     

    Wasser(dampf) kann thermochemisch in seine einzelnen Atome gespalten. Oberhalb von 1700 Grad Celisus ensteht so aus Wasserdampf explosives Knallgas (Sauerstoff und Wasserstoff)...

     

    Alle Akws abschalten! weltweit!

  • D
    David

    @ DoDo

     

    „Ich hab nicht's gegen Atomkraft, aber warum müssen die Dinger denn 40 Jahre lang laufen?!?!

     

    Tja, es fällt Politikern und Konzernen halt schwer sich von alten Anlagen zu trennen und Geld für Neubauten in die Hand zu nehmen...“

     

    Wenn ein Energiemafioso sagt, Kernkraft sei billig, dann meint er damit, dass sie für ihn billig ist, weil z. B. die Kosten für größte anzunehmende Unfälle viel stärker sozialisiert werden als die Kosten für den Bau neuer und den Abriss alter Kernkraftwerke. Wenn er also sein Kernkraftwerk schon nach 20 Jahren abreißen müsste, dann wäre er nicht motiviert, Kernkraftwerke, sondern Gezeiten- oder Windkraftwerke zu bauen. Und genau deswegen wäre es sinnvoll, dafür zu sorgen, dass Kernenergie nicht mehr subventioniert wird.

     

    Ein GAU der Stufe 7 fordert wahrscheinlich mehr Hunger- als Strahlentote, weil das Geld, dass in die Sicherung des Unfallortes investiert werden muss, an anderer Stelle fehlt. Auf jeden Strahlentoten in Japan kämen vermutlich zehn Hungertote in Äthiopien, wobei alle elf Opfer des GAU wären und mir überdies atomsonnenklar ist, dass die Rechnung nicht stimmt, weil Gewinne eben nicht sozialisiert, sondern privatisiert werden, also auf den Konten nadelgestreifter Energiemafiosi landen statt auf den Tellern äthiopischer Hungerleider.

  • FS
    Frank Schroeder

    Kann mir jemand auf die Sprünge helfen? Was ist ein Super-GAU? Super-größter anzunehmender Unfall? Ah!

  • JR
    Josef Riga

    Die statistische Wahrscheinlichkeit ist zu berücksichtigen, Ein Unfall der Größenordnung Tschernobyl/ Sellafield/ Harrisburg oder Japan ist etwa 1:10 000. Das mag so stimmen. Wir haben aber ca. 400 AKW Anlagen auf der Erde, weitere sind im Bau. Also lautet die Rechnung 10 000: 400 = 25 (Jahre). Das ist ziemlich gut bisher eingehalten worden. Tschernobyl ist so lange bereits her. Wir müssen alle 25 Jahre -in zukunft alle 20 Jahre- mit einer solchen Sauerei leben - oder unsere Handys abschalten und diesen PC, auf dem ich das gerade tippe! Wollen oder können wir das?

  • V
    vic

    @ DoDo

     

    40 Jahre, da sagst du was. Für diesen Zeitraum waren AKWs nie konzipiert. Meines Wissens waren ursprünglich 27 jahre geplant (ich kann mich irren, aber 40 Jahre waren`s nicht)

    Auch aus diesem Grund können die meisten deutschen AKWs gar nicht sicher sein.

    Obwohl selbst ein neues AKW niemals sicher sein kann.

  • DG
    Dirk Gober

    12.03.2011 18:40 Uhr:

    von berber:

    "Seid froh, dass das web _NOCH_ anonym ist"

     

    Ach ja - und was ist, wenn es dereinst nicht mehr anonym ist? Kommen dann die Öko-SA-Schlägertrupps oder gleich die Grünen-SD-Erschießungskommandos von berber und Co.?

    Gewaltandrohung und fschistische Phantasien in Reinkultur. Das sind die "guten Menschen" in Deutschland.

  • D
    DoDo

    Ich hab nicht's gegen Atomkraft, aber warum müssen die Dinger denn 40 Jahre lang laufen?!?!

     

    Tja, es fällt Politikern und Konzernen halt schwer sich von alten Anlagen zu trennen und Geld für Neubauten in die Hand zu nehmen...

  • S
    skeptiker

    Also bitte - wie wollt ihr denn mit solchen Artikeln ernst genommen werden?

    Ich habe heute erst angefangen, mich ein bisschen über die Funktionsweise solcher Ernstfälle zu informieren, und sogar mit dieser minimalen Informationsbasis und ein bissel Schulwissen glaube ich, einige gravierende Fehler oben erkennen zu können.

     

    "Das dritte Kühlsystem, das nach Angaben der internationalen Atomenergiebehörde IAEA zum Teil aus Batterien gespeist und zum Teil über Verdunstung funktioniert,..." - eher nicht. Anscheinend sind das dampfbetriebene Pumpen, Steuerung über Batteriestrom.

    "Der Reaktorkern wird so heiß (bis zu 2.500 Grad Celsius), dass er das Wasser im Kühlkreislauf in Wasserstoff aufspaltet." - Hab ich was verpasst? Wasserdampf und Knallgas sind immer noch unterschiedliche Sachen möchte ich meinen.

     

    Wenn ihr keine Atomkraft in D mehr wollt, dann unterstützt doch bitte die Bewegung mit gut recherchierten Artikeln. Das hier ist eher kontraproduktiv, und spielt doch nur den Befürwortern in die Hände!

     

    Grummel!

  • S
    Schmelzpunkt

    Leute, dass der Kern schmilzt und der Druckbehälter gemäß Betreiber trotzdem dicht bleiben soll glaube ich einfach nicht:

    Der Schmelzpunkt von Stahl liegt ungefähr bei 1500 Grad. Wenn das weitaus heißere geschmolzene Uran also auf die hier recht dünnwandige Druckbehälterhülle tropft wird die auch ziemlich schnell durchschmelzen, und dann frisst sich das Ganze hier mangels core catcher eben weiter nach unten.

  • F
    flow

    nicht die zeit für rosinenpickerei, aber selbst journalisten scheinen es nicht zu verstehen: es gibt in der präfektur fukushima zwei reaktorstandorte, der erste heißt fukushima nummer eins, auf jap.: fukushima dai-ichi (nicht -ishi), der andere fukushima nummer zwei, jap.: dai-ni. standort dai-ichi hat 6 (plus 2 geplante), dai-ni hat 4 reaktoren. die reaktoren werden auch durchnummeriert, und englische, deutsche und japanische bezeichnungen munter durcheinandergewürfelt.

     

    dies nur, damit folgendes verständlich wird: drei reaktoren in f. dai-ichi waren zum zeitpunkt des erdbebens schon zur wartung abgeschalten und scheinen erst mal nicht kritisch zu sein; die reaktoren 1, 2 und 3 wurden wegen des bebens abgeschaltet. die explosion betraf nach bisherigen meldungen nur reaktor 1; gleichwohl muss offenbar für drei reaktoren die notkühlung mit hilfe von generatoren, batteriestrom, meerwasser oder sonstwie besorgt werden.

     

    am standort fukushima dai-ni scheinen ebenfalls drei reaktoren betroffen zu sein; auch hier gibt es probleme wie überhitzung, geplantes ablassen von radiokativen gasen usw.

     

    wo wir schon bei den zahlen sind: die seit langem genannten daten wie "ein zwischenfall in zehntausend bis hunderttausend jahren" kann man durchaus mal ernst nehmen. mir ist nicht ganz klar, ob die zahl sich auf *reaktoren* oder *standorte* bezieht---wie man an fukushima sehen kann, ein großer unterschied.

     

    nehmen wir *standorte*: dann haben wir ca 400 akws weltweit in betrieb, und 10000/400 = 25. genau so lange ist tschernobyl her. global gesehen ist es nach diesen angaben 'normal' und zu erwarten, dass wir alle paar zehn, zwanzig jahre irgendwo einen GAU zu sehen und zu spüren bekommen.

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Ihre Ausführungen zu den beiden Akw-Standorten können sie auch auf unseren Seiten nachlesen.

  • N
    Niko

    @sprengmeister

    ja stimmt hab heute auch schon zwei Versionen der Explosion gesehen speicher sie am besten beor sie aus dem web verschwindet :[

  • G
    gauda
  • TK
    Tadeusz Kantor

    ...es gibt keinen "Supergau". Das ist wie mit dem "weissen Schimmel". Dieses Wort macht keinen Sinn. Was soll das sein, ein "SupergrößteranzunehmenderUnfall"??!

  • G
    gauda

    Von einem Super-GAU zu reden ist hier durchaus zutreffend. Einfach mal Wikipedia fragen. Die Begriffe GAU und Super-GAU werden in der Umgangssprache völlig falsch verwendet.

  • F
    frage

    wind und wetter: gammastrahlung wird da doch auch frei? die geht doch in alle richtungen, was hat das mit wind zu tun? das ist doch wie sonnenlicht - lässt sich doch nicht vom wind vertreiben... kann mir da wer weiter helfen?

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Es geht um radioaktive Partikel. Solche Stoffe also, die erst noch zerfallen und dabei radioaktive Strahlung erzeugen.

  • X
    xxx

    Hoffen

    Wir können im Moment nur noch für Japan hoffen und auf die Kompetenz der Ingenieure vertrauen, es ist schrecklich und furchtbar unwahrscheinlich was dort im Moment passiert, aber es passiert nun mal...

    Die Gefahr, die durch Kernkraftwerke ausgeht lässt sich nicht verneinen, ich bin mir sicher die japanischen Experten und auch die Internationalen haben nicht an der Sicherheit der Kraftwerke gezweifelt, zumindest nicht mehr als an andern westlichen Reaktoren und trotzdem ist es zu einem schwerem Unfall gekommen, das lässt sich meiner Meinung nach nicht abstreiten. Die Knallgasexplosion ist doch schon der erste Hinweis auf ein Leck im Containment. Das Wasserstoff extrem flüchtig ist, keine Frage, aber die Dimension der Explosion lässt doch auf einen Riss in der Hülle, sowie auf eine Kernverschmeltzung schließen, ansonsten würde Wasserstoff nicht in diesen Maßen entstehen und frei werden, ich verstehe nicht wie man diese Fakten verneinen kann!

    Es sieht alles Tschernobyl sehr ähnlich, wobei bei dieser Bauart zum Glück die verheerenden Graphitbrände vermieden werden können.

    Ich meine nur es gab innerhalb der letzen 54 Jahre fünf (vielleicht mehr) extrem schwerwiegende atomare Unfälle deren langzeitige Gefahr nicht zu unterschätzen ist.

    Anhang Politik

    Ich möchte auch Minister Rötgen in der Situation nicht nur kritisieren, er hat recht, dass solch ein Unglück nicht instrumentalisiert werden darf, aber man muss es zur Kenntnis nehmen und die vernünftigen Schlüsse daraus ziehen. Prinzip der praktischen Vernunft.

    Fakt: Wir haben immer noch keine Lösung für die Endlagerung atomaren Mülls gefunden.

    Fakt: Dieser Müll hat teilweise Halbwertszeiten, die sich unserer menschlichen Planungsfähigkeit entzieht.

    Fakt: Alpha Strahler sind, sobald in der Nahrungskette sehr gefährlich für alle Lebewesen.

    Fakt: Wir haben inzwischen andere gute Möglichkeiten Strom zu gewinnen, wenn die Industrie nur nicht so träge wäre...

    ich kann das Festhalten an dieser antiquierten Technologie einfach nicht verstehen, wir leben in einer Gesellschaft des freien Marktes, wenn der Staat aus Sicherheitsgründen etwas verbieten, findet die Industrie einen anderen Weg finden um uns mit Strom zu versorgen, vielleicht nicht mehr mit dieser großen Gewinnspanne, aber das sollte uns die Sicherheit unserer Kinder und Kindeskinder wert sein.

    Ich kann die Dokumentation "Alptraum Atommüll" sehr empfehlen, sehr objektiver Journalismus!

    Und nochmals alle Daumen drücken für Japan, das es nicht schlimmer wird, als es schon ist.

    Zum Beitrag: Japan droht Atomkatastrophe

    ---

    Das hab ich grade rüber kopiert, was ich eigentlich in der FaZ als Kommentar hinterlassen wollte, nur, dass die FaZ-Redaktion meinte sie müsste meinen Kommentar der Zensur unterziehen und deswegen nicht im internet veröffentlichte, meiner Meinung nach eine Frechheit. Hier bei der Taz gibt es sowas zum Glück nicht!

  • L
    loki

    Sehr guter Text, vor allem die Passage "Murphys Gesetz". Da ist zum ersten Mal in deutschen Medien genau erklärt, warum es zur ganz offensichtlichen Kernschmelze gekommen ist - obwohl die Japaner technisch und organisatorisch kein Entwicklungsland sind... Fragt sich nur, warum Stufe 3 der Katastrophe sich nicht hat verhindern lassen, indem man solche Notstromaggregate nicht mit Militärhrubschraubern von irgendwo (wo hätte man ein Lager einrichten können oder müssen?) herbeigeholt hat. Ein bisschen Zeit war ja.

  • N
    nordlicht-san

    Warum implizieren Titel und Untertitel fälschlicherweise, dass ein Super-GAU mit allem Drum und Dran a la Tschernobyl stattgefunden hat?

     

    >>Die Explosion im japanischen Akw Fukushima I ist das, was sich Wissenschaftler als den Super-GAU vorgestellt haben.

  • D
    ödipus

    "Es ist der Vorfall, der statistisch gesehen einmal alle 10.000 oder alle 100.000 Jahre passieren dürfte." tja dann können wir ja getrost weitere 10.000 Jahre Atomkraft nutzen.

  • W
    Wolf

    Eine ganz schlimme Sache.

    Mein Mitgefühl richtet sich an die Angehörigen, Verletzten der Gesamtkathastrophe in Japan.

     

    Zum anderen wussten die jeweiligen japanischen Regierungen schon seit Jahrzehnten, das ihr Staatsgebiet stetig von Erdbeben heimgesucht wird.

    Will mich nicht weiter in deren Politik einmischen, allerdings dürfte jedem normal denken Menschen klar sein, das die über 50 Atomkraftwerke eigentlich auf

    "Sand" gebaut sind und auf lange Sicht ein großes Sicherheitsrisiko für die Menschen dort darstellen.

     

    Hoffentlich werden Deutsche Politiker endlich wach und stoppen mindestens erst einmal die Betreiberverlängerungen hiesiger Atomkraftwerke.

    Atomkraft ist nicht nötig und dient nur der Gewinnmaximierung aller Energieversorger.

     

    Der einzigste Weg aus dieser "Atomkraftwerkesucht" herauszukommen ist, wenn diese Schlüsselindustrieen, nach dem GG legal möglich, schnellstens verstaatlicht werden. Nur dann ist die

    Einflussnahme des einzelnen erleichtert und möglich.

     

    Hoffentlich schlafen jetzt nicht Bundesgesundheitsministerium und der Bundeszoll.

    Wir werden nach besten Wissen und Gewissen keine Japan-Produkte mehr konsoumieren, weil wir uns nicht leichtfertig verstrahlte Waren ins Haus holen möchten.

    Gerade dieses Thema ist sehr wichtig und ich appeliere an die Presse, sich deren einmal hinreichend anzunehmen, weil es für unser aller gesundheitlicher Präventivmaßnahme dienlich ist.

     

    Die Erfinder der Kernspaltung hätte man damals, auch einen von Braun, der zu den Amis gewechselt hat, und seinen Teil zum Abwurf von 2 Atombomben auf Großstädte Japans, beigetragen hat, direkt lebenslang wegsperren müssen !!!

     

    Atomkraft, absolut NEIN DANKE !

    Denn das ist die schmutzigste Art, menschliches Leben und die Natur zu vernichten !

  • S
    sprengmeister

    ...und sie lügen und lügen immer weiter. die bilder zeigen eindeutig eine explosion mit stossfrontgeschwindigkeiten von weit über 1000m/sec. mit erstaustritt nach oben - d.h. es handelt sich eindeutig nicht um eine wasserdampf- sondern um eine knallgasexplosion. knallgas bildet sich aber nur im inneren des druckbehälters im direkten kontakt von kühlmedium mit den überhitzten brennstäben. initialer austritt nach oben = druckbehälter geborsten = kernbrennstoff freigesetzt = supergau.

    ich habe mir die bilder VOR der beschneidung durch die jap. regierung vergrössert angesehen. wenn man die möglichkeit hat, sich die explosion in nahaufnahme u/o zeitlupe anzusehen, achte man mal auf den direkten detonationsbeginn. da sieht man am oberen ende der reaktorhülle eine art weissen nebel in halbkreisform, der sehr schnell vor der eigentlichen explosions(rauch)wolke weggedrückt wird. das ist die sog. stoßfront der explosion. aussehen und ausbreitung dieser stoßfront sagt dem experten etwas über die art und geschwindigkeit der druckwelle. solche stoßfronten entstehen nur bei hochrasanten detonationen - wie bei hochrasanzsprengstoffen (= detonationsgeschwindigkeit > 1000m/sec) oder eben knallgasexplosion. die jap. regierung behauptete zunächst, es handele sich nur um einen einsturz von gebäudeteilen. das war aber schon dem laien nicht zu vermitteln. dann hiess es, es habe eine wasserdampfexplosion ausserhalb des reaktors gegeben. das war aber auch unsinnig - was sollte da explodieren? aber der beweis ist die stoßwelle. die ist NUR mit einer knallgasexplosion im reaktorkern erklärbar. ich habe genügend hochrasanzexplosionen gesehen, um das beurteilen zu können. bei einer solchen explosion MUSS das containment (=innere reaktorhülle) zerstört worden sein.

  • D
    deviant

    Dies ist kein GAU - denn offenbar hat niemand angenommen, dass dies passieren könnte: Genau da liegt ja das Problem!

    Wir wissen gar nicht, welche Gefahren noch auf unsere KKWs lauern, darum müssen sie vom Netz!

     

    Das perverseste an dieser Erkenntnis ist: Genau diejenigen, die sonst jeden zum Terroristen erklären und permanent überwachen, weil ihnen Sicherheit über Freiheit geht, bürden uns diese gigantische Unsicherheit auf (vermutlich, weil das einzige, dass noch über der Sicherheit steht, der Profit ist).

     

    ABWÄHLEN!

  • E
    EuroTanic

    Die ganzen Beschwichtiger werden es erst merken wenn in Deutschland der Supergau passiert. Aber die Elite kann sich dann ja im Privatjet in einen anderen Teil der Welt retten, mitsamt ihrer Atomstrom Milliardengewinne.

  • A
    allaOM

    Nichts ist.

    Nichts wird.

    Nichts ist nicht.

  • B
    berber

    Die deutschen AKW sind sicher, genau wie die Renten.

    Wer jetzt NOCH MAL in die Anleitung schaun muss:

    http://en.wikipedia.org/wiki/Murphy%27s_law

     

    Ich freu mich ja schon drauf, was ich hier morgen so von euch Pro-Kernkraft-Naivchen lesen werde, die ihr am Freitag abend noch so eine dicke Lippe riskiert habt. Seid froh, dass das web _NOCH_ anonym ist.