Nach Strafrechtsreform in Brunei: Protest im Promi-Nest
Die Einführung des islamischen Scharia-Strafrechts in Brunei sorgt für Proteste in Los Angeles. Denn der Sultan betreibt dort ein beliebtes Luxushotel.
LOS ANGELES dpa/afp | Das Beverly Hills Hotel am Sunset Boulevard, wegen seiner Stuckwände in Bonbonrosa auch als „Pink Palace“ bekannt, ist seit Jahrzehnten die Luxusabsteige für Stars. Hier spielten sich die aufregendsten Liebesaffären ab, hier wurden viele der großen Filmdeals besiegelt. Elizabeth Taylor verbrachte dort die meisten ihrer Hochzeitsnächte, Marilyn Monroe zog sich dort mit ihren Liebhabern zurück. Im Februar wurden in dem eleganten Hotel die Technik-Oscars vergeben. Verbände feiern dort Gala-Events und Oscar-Partys. Doch jetzt ist die Luxusherberge im kalifornischen Los Angeles Zielscheibe lautstarker Proteste und Boykottaufrufe.
Der milliardenschwere Sultan von Brunei, einer der reichsten Männer der Welt, hatte den Luxussitz in Beverly Hills 1987 erstanden, es wird von der Dorchester-Hotelgruppe verwaltet. Nach der Einführung des islamischen Scharia-Strafrechts in dem südostasiatischen Sultanat Anfang Mai, geht nun Hollywoods Prominenz auf die Barrikaden.
Der Stadtrat des kalifornischen Promi-Orts Beverly Hills forderte das Sultanat am späten Dienstag auf, sich vom berühmten Beverly Hills Hotel und anderen Besitztümern zu trennen. Bürgermeisterin Lili Bosse bezeichnete die neuen Gesetze als „schockierend und grausam“. Deshalb sei es notwendig, ein starkes Zeichen zur Unterstützung der Menschenrechte in Brunei zu setzen. Eine entsprechende Resolution soll an das US-Außenministeriums senden. Eine Sprecherin erklärte dazu, Washington sei zwar über die Einführung des Scharia-Strafrechts in Brunei besorgt, werde sich aber an dem Boykottaufruf gegen Dorchester Collection nicht beteiligen.
Das von Menschenrechtlern scharf kritisierte Gesetz sieht Strafen wie Auspeitschen, Amputationen sowie Steinigungen vor. Die Todesstrafe kann unter anderem für Ehebruch und homosexuelle Handlungen verhängt werden. Sultan Hassanal Bolkiah verteidigte die Einführung. Mit einem Aufschrei in Hollywood hat er vermutlich nicht gerechnet.
Protestaktionen vor dem Hotel
„Es ist 2014, nicht 1814“, sagte Star-Moderator Jay Leno am Montag bei einer Protestaktion verschiedener Menschenrechtsgruppen vor dem Hotel. Ein Frauenverband ließ die für diese Woche geplante Vergabe der „Global Women's Rights “ in dem Hotel platzen, die Preise wurden kurzfristig an einem anderen Ort überreicht. Der „Motion Picture & Television Fund“-Verband kündigte an, dass seine traditionelle Party am Vorabend der Oscars 2015 nicht mehr im Beverly Hills Hotel über die Bühne gehen werde. Diese „harten und unterdrückenden“ Gesetze könnten nicht toleriert werden, hieß es zur Begründung, berichtete die Los Angeles Times.
Die Rechtsanwaltskammer in Beverly Hills sagte am Dienstag bis auf Weiteres alle geplanten Veranstaltungen in den Hotel ab. Die Regierung von Brunei sollte die „barbarischen“ Gesetze rückgängig machen, hieß es in einer Mitteilung auf der Webseite des Verbands.
Der britische Unternehmer Sir Richard Branson twitterte bereits am Samstag, dass keiner seiner Virgin-Mitarbeiter mehr in einem Hotel der Dorchester-Kette absteigen werde, „bis der Sultan sich an Menschenrechte hält“. Auch US-Moderatorin Ellen DeGeneres kündigte via Twitter einen Boykott der Hotels an.
Christopher Cowdray, Chef der Hotelgruppe, hält die Proteste für verfehlt. „Das wird unseren Angestellten schaden, obwohl sie mit der Sache gar nichts zu tun haben“, sagte der Manager nach Angaben den Senders CNN am Dienstag. Allein das Beverly Hills Hotel würde 600 Menschen beschäftigen, berichtete die Los Angeles Times. Der Zeitung zufolge blieb das Personal auch bei den Protesten höflich und zuvorkommend. Bedienstete hätten Dutzenden Demonstranten am Montag Kekse und Wasserflaschen angeboten, schrieb das Blatt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos