piwik no script img

Nach Schul-KontrolleSaarland macht Pius-Internat dicht

Das Internat der Herz-Jesu-Realschule in Saarbrücken muss schließen, weil mehr Schüler als erlaubt untergebracht sind. Teilweise wohnen sie bei Erzieherinnen.

Vor vier Jahren war die Realschule der Piusbruderschaft wegen "körperlicher Züchtigung" schon einmal in den Schlagzeilen. Bild: ap

FRANKFURT/M. taz | Das Internat an der erweiterten Realschule Herz-Jesu der mit rechtsextremistischem Gedankengut kokettierenden Piusbruderschaft im Saarbrücker Stadtteil Fechingen wird zum 7. Mai geschlossen. Das verfügte die saarländische Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Ein entsprechendes Schreiben wurde dem Saarbrücker Rechtsanwalt des Trägervereins der Schule am Wochenende zugestellt.

Hintergrund der Aufhebung der 2007 erteilten Betriebserlaubnis für das Internat sind die bei einer Routinekontrolle der Schule im März dieses Jahres festgestellten Schülerzahlen. Gezählt wurden 26 Jungen, von denen 15 auch im Internat - das einmal eine Grundschule war - in Vierbettzimmern untergebracht waren. Die anderen Buben, vor allem die jüngeren, wohnten dagegen außerhalb der Schule, aufgeteilt in zwei Gruppen bei Erzieherinnen. Vor drei Jahren genehmigt bekommen hatte der Schulträgerverein Don Bosco aber lediglich acht Internatsplätze.

Wie der Sprecher von Ministerin Kramp-Karrenbauer der taz sagte, habe der Trägerverein aber nicht nur die Schülerzahl illegal an der Landesaufsichtsbehörde vorbei erhöht, sondern einen Teil der Kinder auch einer "Erzieherin" anvertraut, die über keinerlei Qualifikationen für diesen Job verfüge.

"Über Jahre hinweg ist versucht worden, uns mit falschen Angaben hinters Licht zu führen", so der Sprecher. An der Schließungsverfügung habe deshalb kein Weg mehr vorbeigeführt. Man habe schließlich "Aufsichtspflichten". Denn wenn schon bei solchen Dingen getrickst und getäuscht werde, müsse man doch zwangsläufig davon ausgehen, "dass die Betreiber des Internats auch eventuelle sexuelle Übergriffe oder Gewaltexzesse an ihrer Schule nicht den Behörden melden". Konkrete Anhaltspunkte dafür, so der Ministeriumssprecher, gebe es aber nicht. Weder die Schulleitung noch der Trägerverein waren am Montag für Stellungnahmen zu erreichen.

Vor vier Jahren war die Realschule der Piusbruderschaft in Saarbrücken schon einmal in den Schlagzeilen. Es ging um die "körperliche Züchtigung" von wenigstens zwei Schülern. Eine Schließungsverfügung des Sozialministeriums damals hob ein Gericht wieder auf. Auch die aktuelle Verfügung kann angefochten werden. Schon im Jahr zuvor hatte ein Schüler berichtet, von einem Lehrer "geschlagen, getreten und in den Keller eingesperrt" worden zu sein.

Von der Staatsanwaltschaft Saarbrücken wurde erst kürzlich ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Patres der Herz-Jesu-Missionare eingeleitet, die vor 25 Jahren im Internat eines Gymnasiums in Homburg (Saar) Schüler sexuell missbraucht haben sollen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

6 Kommentare

 / 
  • IV
    Iris Vandenhagen

    Diese Schule war super gut, ich habe sie selber besucht. Ich habe wirklich gut lernen können, was auf der Grundschule nie möglich war. Der Schließungrund ist nur vorgeschoben. Die Lehrer waren allesamt Klasse. Was die Saarbrücker Zeitung schreibt, stimmt nicht...und außerdem: Als ich im Krankenhaus war, lagen wir auch zu viert auf einem Zimmer, dass eigentlich nur für drei personen zugelassen war. Da hats keinen gestört!?

     

    Wahrscheinlich will die Odenwaldschule nach Saarbrücken ziehen, um sich eine besseren Ruf zuzulegen.

     

    Gruß Iris aus Saarbrücken

  • A
    anna

    Was für merkwürdige Eltern schicken eigentlich ihre Kinder in ein solches Internat und lassen die private Unterbringung bei einer nicht qualifizierten Erzieherin zu?

    Das müssen die Eltern doch mitbekommen und sämtliche Alarmglocken müssten schrillen.

    Oder ist denen schlichtweg alles egal, hauptsache das Kind ist anderweitig untergebracht und nervt nicht mehr im trauten Heim?

     

    Ich finde, die Eltern sollten mal dazu interviewt werden.

  • AH
    Andi H.

    Ich bin kein gläubiger Mensch (Ich streite regelmäßig mit meiner Freundin ob Atheist oder Agnostiker) und gegenüber religiösen Menschen recht tolerant - bestes Beispiel ist meine Freundin, die Religionspädagogik studiert!

     

    Aber die Pius-Bruderschaft hat in meinen Augen 0.00% Toleranz verdient: kein Internat, keine Sekte, keine Legitimation innerhalb der Kirche...

  • O
    Oberhart

    @ Fritz Katzfuß:

     

    Und das Ärgerlichste ist, dass ich als Atheist sowas mit meinen Steuergeldern subventioniere. Das ist ehrlich zum Kotzen. Wenn Kirchen meinen, dass die (ohnehin grundgesetzwidrige) Indoktrination an staatlichen Schulen nicht ausreichend ist, und komplett verstrahlte Christenschulen her müssen, dann sollen sie das auch aus ihren räuberischen Kirchensteuermitteln voll finanzieren.

     

    Wenn dafür kein Geld ist, können sie ja mal bei den Bischöfen anregen, weniger überteuerte Teppiche und Kunstdrucke anzuschaffen und aufzuhören Schweigegelder an mißbrauchte Messdiener zu zahlen.

     

    Dass Institutionen unter kirchlicher Trägerschaft auch noch eine grundgesetzwidrige Einstellungspolitik betreiben, ist ein weiterer gewichtiger Grund für einen sofortigen Subventionsstopp.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Es ist doch interessant, daß mit Begeisterung fadenscheinige Argumente des Staates genutzt werden um eine Minderheit zu unterdrücken -

    "eventuelle sexuelle Übergriffe oder Gewaltexzesse an ihrer Schule nicht den Behörden melden" sagt ja wohl Alles !

    Fühlt sich niemand mehr erinnert, daß es Zeiten gab in denen die heute ach so Etablierten mit derselben Methodik überzogen wurden ( z.B. Kitas , damals, heute Burka etc ).

    Inhaltlich sind die Piusse nicht meine Linie, aber Vorwand bleibt Vorwand.

    Doch wo bleibt euer damals lautes nach Freiheit rufen -

    aber es sind ja unsere Gegener ....

    Nur diesmal steht ihr auf der Seite derer, die damals auf der Gegenseite standen -

    tempora mutantur ...

  • FK
    Fritz Katzfuß

    Nicht weit her mit law and order. Find eich gut, dass sie die Brüder drangekriegt haben. Dass die überhaupt Kindner untererichten dürfen, dagegen zweifelhaft.